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28.04.2019  00:00
USA im Niedergang? –
Aber in der EU so mächtig wie noch nie

Richtig: Volkswirtschaft und Industrie in den USA schrumpfen, die Mehrheit der Bevölkerung verarmt. Das moralische Ansehen der Supermacht ist weltweit geschwunden, unter den kriegführenden „America First“-Präsidenten Bush, Obama und noch beschleunigt unter Trump. Aber Investoren, Militärs, Geheimdienste und Berater der USA sind in der Europäischen Union präsent, mehr denn je. Und Regierungen und Leitmedien sind Komplizen – besonders in Deutschland. [Quelle: nds.deJWD

Von Werner Rügemer |  Quelle: nds.de  |  23. April 2019

  Werner Rügemer
Werner Rügemer | Quelle: nds.de (verlinkt)

Seit US-Konzerne in den 1980er Jahren im großen Stil den Standort USA de-industrialisieren und Produktionen in alle erreichbaren Niedriglohnregionen der Erde verlagern, seit sich in den USA selbst die systemische Massen-Erscheinung des working poor ausbreitet (arbeiten, aber arm bleiben) und seit Ghettos, Slums und Dritte-Welt-Zustände im westlichen Führungsstaat zur Normalität gehören – seitdem verkünden oberschlaue Professoren wie Herfried Münkler den „Niedergang der USA“. Diese fake news dienen als Grund für die hetzerische Propaganda, „Europa“ müsse endlich an die Stelle der einst angebeteten Supermacht treten, müsse aufrüsten, aufrüsten, aufrüsten und gegen den alt-neuen Feind Russland den notfalls möglichen Krieg vorbereiten. Aber aus der US-geführten NATO will keiner aussteigen, auch nicht das Brexit-Großbritannien. Und der „Niedergang der USA“ verdeckt, dass die EU selbst in der gleichen Entwicklung steckt.

Dominanz von US-Investoren

Spätestens seit dem 2. Weltkrieg wurde die transatlantische Region mit den USA und Westeuropa zur Region mit der höchsten Kapitalverflechtung. Der Marshall-Plan war weniger eine Hilfe für die westlichen Europäer als ein Investitions- und Marktöffnungsplan für Banken und Konzerne aus den USA. Alle wichtigen Banken und Konzerne eröffneten Niederlassungen vor allem in den wichtigen Staaten wie Großbritannien, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland und in den drei Benelux-Staaten: Morgan, Chase Manhattan, Citibank, Ford, General Motors, Coca Cola, IBM, Hewlett Packard, Exxon, Goodyear und einige tausend weitere, die McKinsey-Berater eingeschlossen.
 

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Seit den 1980er Jahren intensivierte sich auch die Gegenrichtung: Deutsche Bank, UBS, PNB Paribas, deutsche Auto- und Chemiekonzerne, Siemens, Deutsche Telekom errichteten Niederlassungen in den USA – viele, wie auch inzwischen über 3.000 Mittelstandsfirmen allein aus Deutschland, machen in den USA teilweise größere Umsätze als am Ursprungsstandort. Konzerne aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien – z.B. BASF, Heidelberg Cement, Sanofi, BAE Systems – haben für Trumps Wahlkampf gespendet. Seine Steuersenkungen, Staatssubventionen für Unternehmen und nicht zuletzt die Russland- und Iran-Boykotte der USA haben die europäischen Investitionen in den USA nochmal beschleunigt.

Die Deregulierung unter US-Präsident Clinton hatte neue Finanzprodukte und neue Finanzakteure der Wall Street wie Hedgefonds und Private Equity Fonds legalisiert und hatte auch den ganz großen Kapitalorganisatoren wie BlackRock, Vanguard und State Street ein neues Operationsgebiet eröffnet: Sie gründeten keine Unternehmen, sondern kauften und kaufen jetzt die vorhandenen Unternehmen auf, verwerten sie, fusionieren sie oder spalten sie auf, verschlanken sie, vernichten Arbeitsplätze, verstecken die Privatgewinne. Steuern zahlen sie lieber keine – in den USA haben sie ihren Sitz in der Finanzoase Delaware, und die EU hat für sie die Finanzoase Irland ausgebaut und die Finanzoasen Luxemburg und Niederlande mundgerecht angeboten.

Und der langjährige Ministerpräsident und Finanzminister Luxemburgs, der christlich angestrichene Jean-Claude Juncker, wurde von der sich christlich gebenden Europäischen Volkspartei (Berlusconi und Orban als Mitglieder) und der Merkel-Regierung auf den Chefsessel der Europäischen Kapitalbürokratie gehoben. Die US-Investoren können sich aller dahergelaufenen PopulistInnen frei bedienen.

Private Equity: In aller Stille
10.000 deutsche Mittelstandsfirmen verwerten


Die bundesdeutsche Regierung unter Schröder/Fischer zusammen mit ihrem Regierungsbeauftragten, dem Ex-Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, öffnete mit Steuererleichterungen und neuen Investitions-Gesetzen die Schleusen. Initiiert wurde dies in den USA: Die angloamerikanischen Leitmedien kritisierten Deutschland als den „kranken Mann Europas“. Schröder war, von der Öffentlichkeit unbemerkt, wiederholt an der Wall Street und referierte vor dem exklusiven Kreis, den sein Duzfreund, „Sandy“ Weill, Chef der damals größten US-Bank, der Citibank, zusammenrief. So entstand die Agenda 2010. Natürlich mischte McKinsey auch in der Hartz-Kommission mit.

Die anderen EU-Staaten, unterstützt von der Kommission, folgten. So kauften ab Beginn der 2000er Jahre die Private-Equity-Investoren Blackstone, KKR, Cerberus, Carlyle & Co bis zum Jahr 2018 etwa 10.000 gutgehende Mittelstandsfirmen allein in Deutschland, bürdeten ihnen Kredite auf, entnahmen Gewinne, verhängten Lohnstopps und Entlassungen, vertrieben Betriebsräte, verscherbelten Unternehmens-Immobilien und verkauften nach zwei bis höchstens 8 Jahren die „verschlankten“ Unternehmen gewinnträchtig weiter an die nächsten Investoren, bei einigen gelang der noch lukrativere Börsengang.

Siemens Nixdorf, ATU, MTU, Demag, Gerresheimer Glas, Bosch Telenorma, Kabel Deutschland, Duales System, Hugo Boss, Kamps, Backwerk, HSH Nordbank, Stada, WMF, Gesellschaft für Konsumforschung – manchmal gab es bei den bekannteren Unternehmen ein bisschen kurzzeitige mediale und gewerkschaftliche Aufregung. Aber Münteferings „Heuschrecken“-Kritik wurde 2005 durch Antisemitismus-Vorwürfe schnell erstickt. Seitdem herrscht Schweigen. So konnte Blackstone mit nur 4,5 Prozent der Aktien – mithilfe der Merkel-Regierung und ihrem Finanzminister Steinbrück – den Vorstand der Telekom austauschen, der Gewerkschaft verdi einen heftigen Schlag versetzen, den Konzern „zukunftsfähig“ machen und nach zwei Jahren mit Gewinn wieder aussteigen. Die Financial Times resümierte: Blackstone mithilfe der Merkel-Regierung hat „den deutschen Kapitalismus verändert“.

Nach Private Equity: Dann kamen BlackRock&Co

Diese Private-Equity-Investoren machen unbemerkt weiter. Aber mit der „Finanzkrise“ ab 2007 kam zusätzlich, sozusagen obendrauf, die 1. Liga mit BlackRock&Co. Sie beenden, schrittweise und ohne Aufhebens, die nationalen Eigentumsverhältnisse in der EU: Ende der Deutschland AG, der Schweiz AG, der Frankreich AG usw.

Die transatlantische Eigentümer-Verflechtung war noch nie so hoch wie heute und so von US-Kapitalorganisatoren beherrscht. Dazwischen tummeln sich nur einzelne Investoren aus Katar, Saudi-Arabien, Schweden, Norwegen und China.

BlackRock&Co sind die bestimmenden Akteure in den meisten führenden Banken und Konzernen der EU. Sie haben zwar nur jeweils zwischen 2 und 10 Prozent der Aktienanteile wie z.B. in allen 30 DAX-Konzernen. Aber damit ist man erstens heute schon Großaktionär. Und zweitens: BlackRock&Co sprechen sich untereinander ab und bilden den bestimmenden Aktionärsblock. Das wird auch dadurch erleichtert, dass die nächstgroßen Investoren wie Vanguard, State Street und Norges gleichzeitig Aktionäre bei BlackRock sind. BlackRock&Co verkaufen ihren Unternehmen Risiko- und Marktanalysen und sind außerdem die Eigentümer der US-Ratingagenturen, bei denen die Unternehmen jährlich für einige Millionen ihre Ratings kaufen müssen.

BlackRock wurde von Obama mit der Abwicklung der Finanzkrise beauftragt, berät die US-Zentralbank Fed, aber auch die EZB und die wichtigsten westlichen Zentralbanken. BlackRock ist Miteigentümer in 17.000 Unternehmen, bei den Wall-Street-Banken, bei General Motors, Coca Cola, IBM, Tesla, Ryan Air, Facebook, Google, Microsoft, Apple, Amazon, bei Deutsche Bank, Commerzbank, Daimler, Siemens, VW, Lockheed, Rheinmetall, BAE Systems, RWE, Eon usw. und damit der größte Insider der westlichen Finanz- und Wirtschaftswelt – da kommt keine Finanzaufsicht und kein Kartellamt mit.

An Aktien- und Kartellrecht vorbei

BlackRock&Co scheren sich nicht um nationales Kartell- und Aktienrecht in der EU. Sie verschwenden ihre Zeit gar nicht mit Posten im Aufsichtsrat. In diesen Abnicker-Gremien mit den paar braven Gewerkschaftern fallen keine wichtigen Entscheidungen. Aber die Vorstände müssen regelmäßig Bericht an der Wall Street erstatten. „Die lassen uns antanzen“, vertraute Eon-Vorstandschef Teyssen dem Handelsblatt an. BlackRock&Co sagen auf den Aktionärsversammlungen nie etwas. Sie bleiben unsichtbar. Sie klären alles im Vorfeld. „Wir können mehr erreichen, wenn wir abseits der Öffentlichkeit das ganze Jahr über Gespräche führen“, sagte BlackRock-Chef Lawrence Fink dem Handelsblatt.

BlackRock&Co wurden in aller Stille die größten Wohnungseigentümer in Deutschland. Vonovia mit 400.000 Wohnungen, Deutsche Wohnen mit 160.000 Wohnungen, LEG mit 135.000 Wohnungen: In allen diesen drei größten Wohnungskonzernen in Deutschland sind BlackRock&Co die Haupteigentümer. Sie treiben Mieten und Nebenkosten hoch. Vonovia hat ihre Finanzabteilung als Vonovia B.V. in der Finanzoase Niederlande platziert. Die Vonovia-Dachholding ist eine Societas Europaea (S.E): Diese Aktiengesellschaft nach EU-Recht ermöglicht z.B. das deutsche Betriebsverfassungs-Gesetz zu umgehen. Unsere Regierungen, Leitmedien, Kartellämter schauen zu bzw. weg.

BlackRock & Co:
Größte Organisatoren von Briefkastenfirmen


Dasselbe gilt für die Besteuerung der Gewinne. BlackRock&Co haben ihre operativen Sitze in New York, Chicago, Boston, Houston und San Francisco, ihre Filialen in London, Paris und Frankfurt. Aber ihre juristisch-steuerlichen Sitze haben sie in einer Finanzoase, vor allem im US-Bundesstaat Delaware.

Und zusätzlich sind BlackRock&Co die größten Organisatoren für Briefkastenfirmen. Darin anonymisieren sie die Multimillionäre und Multimilliardäre, deren Kapital sie für die Unternehmenskäufe und Wertpapierspekulationen einsetzen und denen sie einen Teil der Gewinne überweisen, z.B. aus den Miet- und Nebenkostensteigerungen in Deutschland.

So versteckt BlackRock zum Beispiel seine 8,47 Prozent Vonovia-Aktien in 158 Briefkastenfirmen in einem Dutzend jeweils passend ausgewählter Finanzoasen. Die Fake-Konstruktionen heißen z.B. BlackRock Delaware Holdings Inc., BlackRock Holdco 6 LLC, BlackRock Luxembourg Holdings S.a.r.l., BlackRock Asset Management Schweiz AG – darauf übrigens sind die ach so investigativen Journalisten der Süddeutschen Zeitung noch nie gestoßen. Und die EU-Kommission und die deutschen Finanzminister schauen zu bzw. weg.

Allerdings trafen bzw. treffen sich die deutschen Finanzminister von Schäuble (CDU) bis Scholz (SPD) und sein Staatssekretär Kukies, der von Goldman Sachs kommt, außerhalb der Öffentlichkeit mit BlackRock-Chef Fink. Das berichtete die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei Anfang 2019 schmallippig und ohne Angabe zum Ort der Treffen, zu Gesprächsgegenstand und Ergebnis. Übrigens: Auch der damalige Außenminister Gabriel (SPD) traf sich mit Fink – BlackRock ist also auch für die deutsche Außenpolitik wichtig? Herr Gabriel, erzählen Sie mal!

EU-Konzerne unter US-Überwachung

Die US-Justiz regiert direkt in (west)europäische Konzerne hinein. Sie müssen jahrelang auf eigene Kosten hochrangige US-Teams im Vorstand installieren, Zugriff zu allen Interna gewähren. In Deutschland gilt das etwa für Commerzbank, Deutsche Bank, HypoVereinsbank, VW, Siemens, Bilfinger und Daimler.

Bei Daimler dient als Grund die Überwachung aller Beschäftigten, auch ihrer Gehaltskonten, auf Terrorismusverbindungen. Die vom Konzern bezahlten US-Ermittler können den Daimler-Beschäftigten mit Kündigung drohen, wenn sie der Auskunftspflicht nicht ausreichend nachkommen. Auch die Landesregierung Baden-Württembergs und die IG Metall stimmten zu.

Bei der Commerzbank erzwang die US-Justiz die Schließung einer Abteilung, die Finanztransfers für die staatliche Reederei des Iran durchführte. Die Ermittlungen liefen seit 2002. Die Commerzbank musste 1,4 Mrd. Dollar Strafe zahlen, muss drei Jahre lang eine US-Agentur bezahlen, die weltweit die Einhaltung des Iran-Embargos überwacht, musste die vier Mitarbeiter der Abteilung kündigen, musste den Abteilungsleiter rauswerfen, obwohl der vor allen Arbeitsgerichten Recht bekam. Vor Gericht begründete der Bankvertreter den rechtswidrigen Rauswurf damit, dass die US-Justiz eine „wirksame Abschreckung durch persönliche Bestrafung“ gefordert habe, dem hätte man sich beugen müssen. Die Bundesregierung, die mit Finanzminister Schäuble zuständig war, weil der deutsche Staat Hauptaktionär der Bank und im Aufsichtsrat vertreten ist, stimmte dem Rechtsbruch kommentarlos zu, ebenso die Gewerkschaft verdi, die im Betriebsrat und Aufsichtsrat vertreten ist.

Bei Volkswagen leitet der Chefrechtsberater von Pepsi Cola und Ex-US-Vizejustizminister Larry Thompson seit 2017 in der Wolfsburger Konzernzentrale eine vielköpfige Ermittlergruppe. VW zahlt dafür pro Jahr „dutzende Millionen Euro“, wie die Wirtschaftspresse kritiklos rapportiert. Die Ermittler überwachen bis 2020 den Autokonzern weltweit. Auch alle 30.000 Beschäftigten in den USA wurden verhört. Anlass war der Abgas-Betrug in den USA. Aber die Überwachung wurde ausgeweitet, der Autokonzern wird nach öffentlich nicht genau bekannten Kriterien durchforstet. Dazu gehört auch die „Transparenz und Kommunikation über arbeitsrechtliche Maßnahmen“, einschließlich der Einhaltung von Arbeitszeiten. Die Landesregierung als Vertreter des Miteigentümers Land Niedersachsen sowie Betriebsrat und Gewerkschaften haben bisher keine Kritik erkennen lassen.

Alstom in Frankreich: Als General Electric die Kraftwerkssparte des Alstom-Konzerns kaufen wollte, stellte sich das Vorstandsmitglied Frédéric Pierucci dagegen. Mithilfe einer Anklage, er habe in Indonesien einen Politiker bestochen, wurde er 2013 am New Yorker Flughafen verhaftet, verhört, nicht angeklagt, aber zwei Jahre in verschiedenen US-Gefängnissen als Geisel festgehalten, Gefangene wurden als FBI-Spitzel auf ihn angesetzt. Nachdem General Electric Alstom gekauft hatte, wurde Pierucci freigelassen, unter der Bedingung, dass er von Alstom nicht mehr beschäftigt wird. Die Europäische Kommission genehmigte den Verkauf.

Pierucci fasst zusammen: Seit 2008 haben die USA 14 westeuropäische Konzerne, darunter 5 französische, unter gefaketen Vorwänden destabilisiert, um US-Konzernen Vorteile zu verschaffen. Übrigens: Das Buch von Pierucci „Le Piège Américain“ (Die amerikanische Falle) wurde nicht auf deutsch veröffentlicht, obwohl – oder weil – es, verfasst von einem Topmanager, minutiös eine der US-Herrschaftsformen über die EU dokumentiert, auch den Einsatz des Geheimdienstes NSA.

EU-Staaten zu Obama und Trump:
Ja, wir folgen eurer Hass-Parole!


Die USA führten 1999 den Krieg gegen das sozialistische Jugoslawien an, bombardierten die Hauptstadt Serbiens, Belgrad, und zerstörten Fabriken und Medien. Die USA erklärten damit auch das deutsche Grundgesetz für obsolet. Die Bundesregierung machte mit: Die erlaubte Landesverteidigung wurde in erlaubte, präventive Auslandsaggression gegen gefakete, von den USA vorgegebene Ziele umgewandelt.

Die Bundesrepublik Deutschland ist der von einer fremden Macht am dichtesten besetzte Staat der Welt. Ungefähr anderthalb Dutzend US-Militärstützpunkte mit weltweiter Vernetzung in alle US-Kriegsschauplätze, Vermittlungsstationen für Drohnenmorde in Afrika und Asien, das größte Militärlazarett der westlichen Welt bei Ramstein/Pfalz. Aufschlussreich: Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages stellte fest: Wir können nicht mit Sicherheit sagen, wieviele Militärstützpunkte die USA in Deutschland unterhalten, unsere Anfragen in Washington blieben unbeantwortet!

Und die 10 US-Militärstützpunkte in Italien reichen auch noch nicht: Der Kosovo wurde von Serbien völkerrechtswidrig abgetrennt, damit der US-Stützpunkt Bondsteel, umgeben von Armut, geschützt ist. Und neben der NATO betreiben die USA ungefähr 16 US-Militärstützpunkte in den weiteren EU-Staaten Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Spanien, Ungarn. Bei aller Rhetorik für „europäische Selbständigkeit“ – die US-Besetzung der EU steht nicht zur Diskussion.

Die EU wollte, so hieß es, Frieden in Europa stiften. Doch neben den USA nutzte auch die von den USA geführte NATO die Osterweiterung der EU, um selbst auch gen Osten mitzureiten – obwohl der gefakete frühere Aggressor, die sozialistische Sowjetunion verschwunden war. Aber die NATO hat auch das kapitalistische Russland zum neuen Aggressor ausgerufen, unabhängig von der Abspaltung der Ostukraine. Wie erklärt es der norwegische Sozialdemokrat Jens Stoltenberg, Generalsekretär der NATO: „Die EU muss komplementär mit der NATO sein“.

2014 in Warschau beschlossen die folgsamen RegierungschefInnen der europäischen NATO-Staaten auf Vorschlag des obersten US-Kriegsherrn, Präsident Obama: Ja, wir erhöhen unsere Militärbudgets auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts. Ja, wir machen die Häfen, Straßen und Brücken in der EU aufmarschgängig für US-Panzer und schwere Artillerie gen Russland. Ja, lieber Obama, wir folgen Deiner Hass-Parole: Russland ist unser schlimmster Feind!

US-Beraterkonzerne regieren mit

Die CDU-geführte Bundesregierung unter Helmut Kohl und vornedran Finanzminister Theodor Waigel (CSU) holten die US-Berater J.P Morgan, McKinsey, Price Waterhouse Coopers & Co in die Treuhand, um das betriebliche Vermögen der Ex-DDR zu verscherbeln. In den Standard-Gutachten hieß es: Das Unternehmen ist noch eine DM wert, aber nur wenn der Staat noch 70 Millionen Zuschuss zahlt. So „verkaufte“ die Treuhand die DDR-Wirtschaft, Ergebnis: 270 Mrd. DM Schulden, die auf den deutschen Staatshaushalt übertragen wurden! Das ist das Muster, das, etwas gemäßigt, bis heute in Deutschland gilt: US-Berater, inzwischen Staats-Dauer-Berater, verdienen viele Millionen, auch und gerade dann, wenn Staat und Bürger Milliarden verlieren.

Die US-Unternehmensberater McKinsey&Co, die Big Four der US-Wirtschafts“prüfer“ mit Price Waterhouse Coopers&Co, die US-Wirtschaftskanzleien Freshfields&Co, die Big Three der US-Ratingagenturen Standard&Poor’s&Co – sie alle sind traditionell Lobbyisten der Konzerne, und sie wurden auch in der EU, in Brüssel und in Deutschland zu Dauer-Staats-Beratern. Sie regieren mit.

Accenture, mit 400.000 hochbezahlten Akademikern der weltweit größte Beratungskonzern, trimmt zusammen mit McKinsey die Arbeitsagentur und die Jobcenter, damit die gedemütigten Arbeitslosen die größte folgsame Reservearmee für die Leiharbeitsbranche bleiben, die wiederum angeführt wird von den größten Leiharbeitsvermittlern Adecco und Manpower, die natürlich, so langweilig ist es geworden, BlackRock & Co gehören. McKinsey berät das BAMF, damit die Asylanten am schnellsten wieder weggeschafft werden. McKinsey sitzt fest im Verteidigungsministerium, stellt mal eine Staatssekretärin, bekommt mal ohne Ausschreibung dicke Beraterverträge, und das lukrative Dauergeschäft mit teuer gewarteter, nicht funktionierender Rüstung bleibt lange erhalten – Rheinmetall als Bundeswehr-Lieferant mit privater Wartung der selbst gelieferten Rüstungsgüter, ich gebe es zu, das ist ebenso langweilig wie abstoßend, gehört BlackRock & Co.

Freshfields hat, vom damaligen Finanzminister Steinbrück (SPD) geholt, die zwei Bankenrettungs-Gesetze entworfen, weil diese Kanzlei als Banken-Lobbyist und Vertragsentwerfer für die neuen Finanzprodukte die Interessen der Banken natürlich am besten kennt. Freshfields, nachdem das von dieser Kanzlei propagierte Cross-Border-Leasing-Fake-Geschäft wegen Rechtswidrigkeit vom US-Kongress verboten wurde, hat 2002 den 17.000-Seiten-Vertrag für Toll Collect entworfen, hat für die erfolglose Beratung des SPD-, dann CSU-geleiteten Verkehrsministeriums bis 2018 eine mehrstellige Millionensumme verdient und darf auch den jetzigen CSU-Verkehrsminister weiter beraten.

Price Waterhouse Coopers hat Wirtschaftsminister Gabriel beraten, wie private Investoren an der maroden Infrastruktur einen über dem Marktdurchschnitt liegenden, staatlich garantierten Mindestgewinn einfahren können. Von PWC kommt auch Matthias Kollatz, der in Berlin den Finanzsenator gibt und dort den Empfehlungen folgt, die er bei seinem vorherigen Dienstherrn entworfen hat.

Moody’s, Standard&Poor’s und Fitch – natürlich gehören sie BlackRock&Co – legen, gegen hohes Honorar, die Kreditkonditionen nicht nur aller großen Unternehmen in der EU fest, sondern auch aller EU-Mitgliedsstaaten. Die EZB, der ESM, die deutsche Finanzaufsicht richten sich ebenfalls statutengemäß nach den Vorgaben der „Big Three“.

Undsoweiter, ich will Sie ja mit Boston Consulting, Ernst & Young, Deloitte und zum Beispiel mit den Union-Busting-Kanzleien Allen&Overy, White&Case, Hogan Lovells und DLA Piper nicht noch mehr erschrecken oder langweilen. Sie können ja selber mal nachsehen, wenn Sie die Wirklichkeit des gegenwärtigen Kapitalismus in der EU und in Deutschland erkunden wollen, an Spiegel, ZEIT, FAZ, Süddeutscher Zeitung, Welt, BILD, ARD, ZDF, DLF, Kölner StadtAnzeiger und Leipziger Volkszeitung&Co vorbei!

Arbeitsteilung zwischen
Sigmar Gabriel und Friedrich Merz?


Diesmal ersparen wir uns die weiteren Erpressungen, denen die EU-Oberen sich unterworfen haben und weiter unterwerfen: Verlust zehntausender Arbeitsplätze in der Ukraine. Steigerung des Imports von teurem LNG-Frackinggas aus den USA von 2016 bis heute von Null auf 2,8 Milliarden Kubikmeter, teurer Bau von LNG-Terminals und -Leitungen.

Und diesmal ersparen wir uns auch das Kapitel über die Kontrolle des Internets durch US-Konzerne, State Department und NSA. Anregung für MitbürgerInnen, die es wirklich noch nicht wissen: Sie können ja zum Einstieg mal nachsehen, was Ex-Google-Chef Eric Schmidt, von Obama berufen, jetzt als Vorsitzender des US-Defense Innovation Board macht. Oder wo neben dem US-Home Department die Überwachungstechnologie des US-Unternehmens Palantir steckt, dessen Chef Alexander Karp 2018 in den Aufsichtsrat des Springer-Konzerns berufen wurde.

Einige der neuen Kapitalorganisatoren haben jetzt gemerkt, dass sie überdreht haben. In den USA bekommen Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, die sich als Sozialisten verstehen, zunehmend Resonanz. Im besonders US-verbundenen Großbritannien steht die Corbyn-Labour Party als „Gefahr“ vor der Tür.

Da warnt jetzt BlackRock-Chef Fink: „Der Kapitalismus ist zu weit gegangen.“ Ray Dalio, Chef des größten Hedgefonds, Bridgewater, ergänzt: „Für die Mehrheit der Amerikaner gab es seit den 1980ern keine Einkommenserhöhung. In Amerika herrscht die automatische Spirale, die die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer macht. Das öffentliche Bildungssystem ist eines der schlechtesten der Welt. Das ist ein nationaler Notstand.“ Dalio mahnt Gegenmaßnahmen an wie die bessere Verteilung des Vermögens und Projekte nach dem Muster von Public Private Partnership: Es darf nicht zu einer „Revolution“ kommen!

Aber die Lösung? Fink hat seine Version: „Viele Regierungen können die Erwartungen von Teilen ihrer Wähler nicht mehr erfüllen.“ Deshalb: Die Unternehmen selbst müssen die Lücke füllen, „sie haben gar keine andere Wahl“.

Die BlackRock-Lautsprecher wie BILD und Handelsblatt bringen den Aufsichtsratschef der BlackRock Deutschland AG, Merz, wieder verstärkt in Stellung. Den Vorsitz der Atlantikbrücke hat er weitblickend abgegeben. Als Nachfolger wurde der Ex-Außenminister Gabriel gerufen. Er will dem Ruf aus der transatlantischen Tiefe gern folgen, erklärte er.

Händeringend wird der Rest dessen, was sich als irgendwie sozialdemokratisch ausgibt oder auch sich jetzt guten Gewissens als sozialistisch erklärt, als komplementärer Rettungsanker gesucht, um den Niedergang hinauszuzögern und möglichst lukrativ zu gestalten – bevor das kommt, was Dalio&Co auf jeden Fall verhindern wollen und ggf. auch mit allen Mitteln versuchen würden zu verhindern: „Die Revolution“, in den USA und ebenso in der EU.

Wir sind gewarnt. Die Neugründung eines friedlichen, demokratischen und wirtschaftlich gerechten Europa ist dringlicher denn je!

Weitere Informationen und Quellen bei Werner Rügemer: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Allgemeinverständliche Notizen zum Aufstieg der neuen Finanzakteure. Köln 2018, 358 Seiten, 19,90 Euro.

Link zum Originaltext bei ' nachdenkseiten.de '  ..hier 
 


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