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07.09.2018 00:00
Ein
Schritt zurück, zwei Schritte vor –
Jeremy Corbyn gibt im Antisemitismus-Streit
nach
und marginalisiert seine Gegner
„Labour übernimmt gängige Antisemitismus-Definition“, so titelten gestern die
deutschen Nachrichtenagenturen und interpretierten dies als Niederlage von
Jeremy Corbyn, der sich stets gegen eine vollständige Übernahme dieser
Definition samt der umstrittenen Beispiele
gewehrt hat. Das ist nicht ganz
falsch. Wer nun aber schlussfolgert, Corbyn ginge geschwächt aus diesem
unwürdigen „Sommer-Theater“, täuscht sich... [Quelle:
nds.de] JWD
Von Jens Berger |
Quelle: nds.de | 05.09.2018 |
vorlesen ..hier
...Erst am Wochenende konnten sich bei den turnusmäßigen Wahlen des
Parteivorstandes ausschließlich Mitglieder durchsetzen, die auf der Liste der
Momentum-Bewegung standen, die Corbyn politisch stützt. Gleichzeitig konnte
Labour – mitten in der angeblichen Krise – einen neuen Mitgliederrekord
verzeichnen. Corbyn sitzt fester im Sattel als je zuvor und kann sich nun wieder
den wichtigen Themen zuwenden. Diese Botschaft sollte auch hierzulande gehört
werden, da Parallelen zu #Aufstehen durchaus denkbar sind.
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Quelle: nds.de (verlinkt) |
Der vom rechten Flügels der Labour-Partei instrumentalisierte „Antisemitismus-Streit“
lähmte die politische Arbeit der britischen Linken nun bereits seit Monaten und
mit tatkräftiger Unterstützung fast aller britischer Massenmedien drohte die
Debatte sich auch noch bis in den Herbst zu ziehen. Um die fruchtlose Kampagne
zu beenden und endlich wieder selbst die politische Agenda bestimmen zu können,
zog die Parteispitze nun einen Schlussstrich. Labour übernimmt die
Antisemitismus-Definition samt der umstrittenen Beispiele, ergänzt dies jedoch
mit dem Zusatz, der einen Missbrauch der Definition zur Unterdrückung der Rede-
und Meinungsfreiheit bei den Themen Israel und Palästina verhindern soll.
Wie dies gelingen soll, bleibt ein Geheimnis. Jeremy Corbyn konnte sich in
diesem Punkt nicht durchsetzen. Er musste die von ihm eingebrachte
Ergänzung zum Positionspapier zurückziehen, nachdem klar wurde, dass er im
Vorstand dafür keine klare Mehrheit finden würde. Diese Niederlage dürfte nun
zumindest vorübergehend etwas Ruhe in die Debatte bringen, obgleich Mitglieder
des rechten Parteiflügels bereits klar
gesagt haben, dass es ihnen nicht um das Thema „Antisemitismus“ geht,
sondern darum, Corbyn loszuwerden und die Partei wieder zu übernehmen.
Dieses Ziel ist jedoch spätestens seit dem letzten Wochenende ferner denn je.
Bei den turnusmäßigen
Neuwahlen eines Teils des National Executive Committees, einer Art
Parteivorstand, in dem jedoch auch Vertreter parteinaher Organisationen, wie
beispielsweise der Gewerkschaften, sitzen, mussten neun der 39 Plätze neu belegt
werden. Diese neun Regionalvertreter der Labour-Partei werden turnusgemäß von
der Basis gewählt und in diesem Jahr setzten sich bei der Wahl ausschließlich
Mitglieder der
Momentum-Bewegung durch – einer Sammlungsbewegung, deren Ziel es ist,
zusammen mit Jeremy Corbyn progressive politische Positionen innerhalb der
Partei und der Gesellschaft mehrheitsfähig zu machen. Momentum ist also durchaus
vergleichbar mit der gestern in Deutschland gestarteten Aufstehen-Bewegung. Dass
der rechte Parteiflügel bei den Vorstandswahlen keinen einzigen Kandidaten
durchsetzen konnte, ist ein echter Kantersieg für Momentum und Corbyn, dessen
Position innerhalb der Labour-Partei nun unangefochten ist.
Dies unterstreicht eine weitere vollkommen überraschende Meldung vom Wochenende.
Trotz Schmierenkampagne, trotz angeblicher „Massenaustritte“ jüdischer
Parteimitglieder und trotz einer breiten Einheitsfront gegen Jeremy Corbyn
konnte die Partei im August offenbar mehr als zehntausend neue Mitglieder
begrüßen und hat nun rund 540.000 Mitglieder. Vor Corbyns Kandidatur für den
Parteivorsitz waren es nur rund 190.000. Jeremy Corbyn und Momentum haben also
die Zahl der Parteimitglieder fast verdreifacht und so auch dafür gesorgt, dass
dem rechten Flügel sinnbildlich die Basis abhanden gekommen ist.
Ohne die Sammlungsbewegung
Momentum wäre der Erfolg von Jeremy Corbyn undenkbar. Mehr noch – ohne
Momentum wären progressive Positionen in der Labour-Partei nie angekommen. Heute
wird – vor allem in Deutschland – gerne vergessen, dass Labour nach dem Ende der
beiden neoliberalen Falken Blair und Brown ganze fünf Jahre von dem farblosen
Verwalter Ed Miliband geführt wurde und für eine fantasielose Politik des
„Weiter so“ stand. Parallelen zu den Steinmeiers, Gabriels und Nahles´ oder den
Riexingers und Kippings sind durchaus erkennbar.
Man muss keine neue Partei gründen, wenn man auch alte Parteien mit einer
Sammlungsbewegung renovieren und zu einer progressiven Politik zwingen kann.
#Aufstehen muss nun das deutsche Momentum werden. Dann können auch die
Deutschen, wie vor eineinhalb Jahren die Briten, ihre Lethargie und
Hoffnungslosigkeit beerdigen und konstruktiv an einer progressiven politischen
Alternative arbeiten. Nebenbei: Die rechte UKIP, die vor Corbyns Amtsantritt ein
Magnet für die Unzufriedenen war und zeitweise in den Umfragen bis zu 20%
erzielen konnte, ist heute weitestgehend marginalisiert. Und dies liegt nicht
nur am Brexit, sondern auch daran, dass es eine realistische, progressive
Alternative auf der Linken gibt. Auch dies ist eine Lektion, die in Deutschland
gehört werden muss.
Link zum Originaltext bei ' nachdenkseiten.de '
..hier |
Download (mp3)
Passend zum Thema:
06.09.2018 [Quelle: nds.de]
Ist
„Aufstehen“ eine Bewegung für Verlierer, wie es das
SPD-Zentralorgan behauptet? Ja und das ist auch gut so!
Das Timing hätte kaum schlechter sein können. Einen Tag nachdem die SPD zum
ersten Mal in einer großen bundesweiten Umfrage mit 16% sogar noch hinter der AfD liegt, erklärt die Parteizeitung Vorwärts die neue Sammlungsbewegung
„Aufstehen“ in einem wirklich fassungslos machenden Kommentar zu einer „Bewegung
für Verlierer“. Liebe SPD, da habt ihr vollkommen Recht. Hätte eure Politik in
den letzten Jahren nicht so viele Verlierer produziert, müsste es nun keine
Sammlungsbewegung geben, deren vorderstes Ziel die Korrektur eurer Politik ist.
Mehr als befremdlich ist es jedoch, dass ausgerechnet die SPD sich offenbar auf
der Seite der Gewinner wähnt und sich dabei nicht nur über die Opfer ihrer
Politik, sondern gleich noch über die letzten kritischen Genossen im eigenen
Hause lustig macht. Von Jens Berger. [...]
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Tags: #Aufstehen,
Jeremy Corbyn, Großbritannien, Kampagnenjournalismus, Labour Party,
Momentum, Parteiströmungen, UKIP, Antisemitismus, Parteien und Verbände |
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