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11.05.2018  00:00
Der Krieg beginnt
Iranische Streitkräfte stehen unter Beschuss
Jeder der Verbündeten Assads verfolgt auch eigene Ziele in Syrien. Russland könnte der zunehmenden Bedrängung des Iran durch die USA und Israel Einhalt gebieten, tut dies aber nur halbherzig. Dan Glazebrook befürchtet, Russlands Zurückhaltung könnte sich rächen. [Quelle: rubikon.newsJWD
 

Der Krieg beginnt
Foto: Milosz Maslanka/Shutterstock.com  |  Quelle: Rubikon (verlinkt)

 

 


von Dan Glazebrook

Die Zerstörung von Staaten wie dem Irak, Syrien, Libyen und dem Iran wird Russland isolieren, wenn es selbst an der Reihe ist.

Schon wieder spitzt sich die Lage zu in einem der vielen Kriege um Syrien. Berichten zufolge wurden am 29. April durch zwei massive Luftangriffe – vermutlich aus Israel – der Militärstützpunkt und die Waffenlager der 47. Brigade der syrisch-arabischen Armee nahe Hama, sowie der Nayrab Militärflughafen in Aleppo getroffen.
Angeblich zielten die Angriffe auf iranische Boden-Boden-Raketen, die in Syrien eingesetzt werden sollten, und töteten zwischen 26 und 38 Menschen, darunter 11 Iraner.

Neuauflage der Roten Linien

Der Angriff scheint mit den USA koordiniert worden zu sein, denn er erfolgte nur wenige Stunden, nachdem US-Außenminister Mike Pompeo Jerusalem verlassen hatte. Laut Haaretz hatte Pompeo dort „Netanjahu mit militaristischen Reden über den Iran begeistert“. Die Times of Israel merkte an, dass am selben Tag „die Nachricht von einem Telefonat zwischen Netanjahu und Präsident Trump verbreitet wurde“, während Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman seinen Amtskollegen James Mattis in Washington traf.

Diese fieberhaften Aktivitäten entfalteten sich weniger als eine Woche nach General Joseph Votels „größtenteils nicht öffentlich bekannt gemachtem Besuch in Israel“. Votel ist Leiter des Zentralkommandos der Vereinigten Staaten („Centcom“), dessen Verantwortungsbereich auch Syrien und den Iran einschließt.

Der Artikel der Times of Israel schlussfolgert:

    „Dies alles erweckt den Eindruck einer koordinierten israelisch-amerikanischen Operation, um Irans militärische Aktivitäten in Syrien einzudämmen – während man gleichzeitig eine Warnung an Moskau sendet: Russlands grünes Licht an den Iran, sich in Syrien militärisch zu etablieren, ist weder für Jerusalem noch für Washington akzeptabel.“
In anderen Worten: Der Krieg gegen den Iran hat begonnen. Er hatte sich ja schon länger zusammengebraut.

Im Januar 2018, als der Krieg gegen den Islamischen Staat schon beinahe gewonnen war, kündigte der frühere US-Außenminister Rex Tillerson für die US-Truppen neue Zielsetzungen in Syrien an. Unter anderem gelobte er, dass die Truppen so lange bleiben würden, bis „der iranische Einfluss in Syrien geschwächt wurde und Syriens Nachbarn vor allen von Syrien ausgehenden Bedrohungen sicher sind“.

Im Februar warnte die International Crisis Group, dass Israel „seine roten Linien aktualisiert hat und damit signalisierte, die Dinge nötigenfalls selbst in die Hand zu nehmen, um den Iran davon abzuhalten, eine dauerhafte militärische Präsenz in Syrien einzurichten“.

Seitdem hat Israel iranische Belegschaften und iranische Einrichtungen direkt ins Visier genommen. Dass Israel am 9. Februar eine iranische Drohne abgeschossen hatte, führte dazu, dass die syrische Armee eines seiner F-16-Flugzeuge herunterholte, nachdem dieses die Kommandozentrale der Drohne bombardiert hatte. Seit den 1980er Jahren war dies das erste Mal, dass wieder ein israelisches Kampfflugzeug abgeschossen wurde. In einem seltenen Eingeständnis von Verantwortung nannte Israel die Mission einen Erfolg und behauptete, zwischen einem Drittel und der Hälfte der syrischen Luftabwehr sei während der Angriffe zerstört worden.

Russlands Antwort

Zwei Monate später, am 9. April, trafen israelische Raketen wieder denselben „T4“-Militärstützpunkt, den sie schon im Februar beschossen hatten. Ihr Ziel waren iranische Einrichtungen und Anlagen, dabei wurden 14 iranische Soldaten getötet. Laut einem israelischen Sprecher war dies das erste Mal, dass Israel „lebendige iranische Ziele“ angegriffen hatte.

   

Es war offensichtlich auch das erste Mal, dass Israel es versäumt hatte, Russland im Vorhinein vor einem Angriff zu warnen. Somit brach Israel das „Konfliktreduktions“-Abkommen, das es mit Russland 2015 geschlossen hatte, zu Beginn der Beteiligung Russlands am Krieg in Syrien.

Russlands Reaktion war ebenfalls neu: Es legte sofort Israels Verantwortung für den Angriff offen. Zudem rief der russische Präsident Wladimir Putin Netanjahu an und warnte ihn, Israel könne bei einem Angriff auf Syrien nicht länger mit Straffreiheit rechnen.

Nach den Luftangriffen gegen Syrien durch die USA, Großbritannien und Frankreich am 13. April brachte Generaloberst Sergej Rudskov, Leiter der Hauptbetriebsdirektion des russischen Generalstabs, ins Gespräch, Syrien mit dem schlagkräftigen russischen Flugabwehrraketensystem S300 zu beliefern.

Wenn das S300, das in einem Umkreis von 200 Kilometern bis zu 100 Ziele gleichzeitig erfassen kann, „vom syrischen Regime eingesetzt werden dürfte, wären Israel die Hände gebunden“, sagte US-Marineoffizierin Jennifer Dyer und fügte hinzu: „Die Art der präventiven Tiefflug-Angriffe (in Syrien), die die israelische Luftwaffe in den letzten Jahren gegen die Hisbollah und Spezialwaffenlager des Irans sowie das Assad-Regime geflogen hat, würden dadurch praktisch unmöglich.“

Israel könnte dann keine Präventiv-Angriffe mehr durchführen. Ursprünglich hatte Russland bereits 2010 einen Vertrag zur Lieferung des S300-Systems unterschrieben – auf Druck Israels diesen jedoch verworfen. Nun berichtete die Zeitung Kommersant am 23. April, die Entscheidung zur Aufhebung der Aussetzung sei gefallen und – nach Klärung einiger technischer Details –würde die S300 ausgeliefert.

Wenige Tage später schlugen die Israelis erneut zu – diesmal mit brutalen bunkerbrechenden Waffen, die zum zweiten Mal direkt auf iranische Soldaten und Ausrüstung zielten. Und keine S300 weit und breit.

Wie es weiterging

In den Medienberichten – sowohl in den Mainstream- als auch in den alternativen Medien (meine inbegriffen) – ist zu Recht eine wachsende Nervosität angesichts dieser Entwicklung zu spüren. Und dennoch: Während Eskalation und Fehlberechnungen und vor allem das Hineinziehen Russlands in den israelisch-iranischen Konflikt auf syrischem Boden eine echte Gefahr darstellen, haben viele Analysten die Spannung zwischen Russland und Israel übertrieben, ebenso die Überschneidung der Interessen von Russland und dem Iran.

Obwohl beide einen vom Westen unterstützten Regimewechsel in Syrien ablehnen, unterscheiden sich die Ziele Russlands und des Iran in der Region deutlich. Laut Nachrichten-Analysten von Stratfor „fokussiert sich Russlands strategische Zielsetzung auf die Beseitigung von Ursachen für Instabilität sowie auf die Verhinderung von US-amerikanisch angeführten Militärinterventionen“, mit dem „weiter gefassten Ziel, sich selbst als unabdingbarer Garant kollektiver Sicherheit im Mittleren Osten zu etablieren“.

Aus diesem Grund ist es die „beschränkte Zielsetzung“ der Russen in Syrien, „sicherzustellen, dass Assad die Kontrolle über so viele Gebiete innehat, dass er aus einer Position der Stärke heraus mit syrischen Oppositionsgruppen verhandeln kann“, um eine Vereinbarung zu schaffen, die von Russland beaufsichtigt und garantiert wird.

Die Iraner dagegen konzentrieren sich laut Stratfor-Analyse mehr darauf, „Saudi-Arabiens Fähigkeiten zur Machtprojektion in der ganzen arabischen Welt einzudämmen“, was dazu führt, dass „sie erst dann bereit sind, militärische Operationen in Syrien auszusetzen, wenn Assad die Oppositionskräfte vollkommen besiegt hat … Irans Glaube an die Machbarkeit einer militärischen Lösung in Syrien führt dazu, dass der Iran nicht im selben Maße wie Russland dazu bereit ist, sich mit der syrischen Opposition oder kurdischen Gruppen diplomatisch auseinanderzusetzen. Dies schränkt die Möglichkeiten einer Partnerschaft zwischen Moskau und Teheran ein.“

Außerdem hat die Tatsache, dass der „Iran syrische Gebiete zur Schaffung eines dauerhaften Waffenumschlagplatzes für die Hisbollah nutzt, diejenigen russischen Politiker alarmiert, die enge Beziehungen zu Israel aufrecht erhalten möchten.“

Irans Verschanzung

Von dieser Warte aus ist Russland weit davon entfernt, die Verschanzung des Iran zu verteidigen – im Gegenteil: Russland hat ein direktes Interesse daran, sie einzuschränken. Die israelischen Angriffe könnten also Russland nutzen, weil sie Druck auf den Iran ausüben, sich dort zurückzuhalten, wo man Russlands Zielen in die Quere kommen könnte.

Zudem könnte Russland auch glauben, die iranische Präsenz in Syrien – als alternative Unterstützung für Assad – könnte die Bereitwilligkeit der syrischen Regierung mindern, sich auf diplomatische Initiativen Russlands einzulassen. In der Tat bedeutet weniger iranische Präsenz eine größere Abhängigkeit Assads von Russland.

Und, so könnte ein Zyniker argumentieren:

   

Haben nicht die Iraner ihren Zweck nun erfüllt, wo die Rebellion so gut wie niedergeschlagen wurde?

Viele führen an, dass das Bündnis mit dem Iran für Russland viel zu wichtig sei, um einen solchen Schachzug zu wagen.

Das ist ohne Zweifel der Fall. Aber was, wenn es gar kein Risiko gäbe? Obwohl die russisch-iranische Allianz noch immer unverzichtbar für die russische Machtprojektion im Mittleren Osten ist, könnte Russland sich sehr wohl ausrechnen, dass der Iran diese Allianz nicht gefährden möchte – wie schlecht er auch immer von seinem russischen „Verbündeten“ in Syrien behandelt werden mag.

Schließlich hat der Iran nicht viele Optionen, was seine eigene Absicherung gegen einen US-amerikanischen Angriff anbelangt – Russland hat hier als Schutzmacht das Monopol inne. In dem Wissen, dass sich der Iran an niemand anderen um Hilfe wenden kann, kann Russland es sich in Syrien erlauben, Israel gegen den Iran frei agieren zu lassen.

Der kriegslüsterne israelische Verteidigungsminister scheint Russland jedenfalls nicht als Hindernis für Israels Pläne in Syrien anzusehen. „Es ist wichtig zu verstehen, dass die Russen sehr pragmatische Spieler sind“, sagte er kürzlich in Washington. „Letzten Endes sind sie vernünftige Typen, man kann Verträge mit ihnen abschließen und wir verstehen, worum es ihnen geht.“

Dies klingt ganz und gar nicht danach, als würde er sich auf einen unverbrüchlichen Verbündeten eines Staates beziehen, den Israel in Kürze mit Krieg überziehen wird.

Die Isolierung Russlands

Möglicherweise erwartet Russland auch – gegen jede Hoffnung – , dass es aus der Regierung Trumps noch etwas herausschlagen kann: eine Erleichterung der Sanktionen etwa oder zumindest eine Anerkennung seiner Sicherheitsinteressen in der Ukraine oder in Osteuropa. Diese Aussichten zu zerschlagen, indem es sich Angriffen gegen den Iran entgegenstellt, ist Russland wohl nicht bereit. Diese Hoffnungen sind aber sicherlich vergebens.

Ich würde gerne daran glauben, dass Russland weder so zynisch ist, dabei zuzusehen, wie Israel sich gegen den Iran wendet – um die Oberhand in seinen Beziehungen mit den Iranern und Syrern zu gewinnen – , noch so naiv, etwas von den USA zu erwarten. Die Zeichen stehen jedoch schlecht.

Das Unterlassen der Lieferung der S300 oder eines anderen sinnvollen Abschreckungsmittels – sogar nachdem am 9. April die ersten Schüsse in diesem neuen Krieg gegen den Iran gefallen waren – sprechen für Feigheit oder geheime Absprachen. Und die Russen sind keine Feiglinge.

Wenn Russland wirklich zulässt, dass seine einstigen iranischen Genossen vernichtet werden, sollten sie verstehen, dass es hier nicht einfach um Israels „legitime Sicherheitsinteressen“ geht. Es geht darum, den Iran am Aufbau von Abschreckungsmaßnahmen in Syrien zu hindern – im Vorgriff auf einen totalen Krieg gegen den Iran selbst.

Und die Zerstörung solcher Staaten wie dem Irak, Syrien, Libyen und dem Iran hat das Ziel, Russland zu isolieren, wenn es dann selbst an der Reihe ist.

Dan Glazebrook ist politischer Autor und Journalist. Er schreibt regelmäßig zu internationalen Beziehungen und über die Rolle staatlicher Gewalt in der britischen Innen- und Außenpolitik.


 

Redaktionelle Anmerkung (Rubikon): Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „The War on Iran has Already Begun — and Russia must end it“ (https://russia-insider.com/en/war-iran-has-already-begun-and-russia-must-end-it/ri23373). Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam korrigiert.


 
 
Rubikons Weltredaktion
Quelle: rubikon.news (verlinkt)
  Rubikons Weltredaktion

Es bringt wenig, nur im eigenen, wenn auch exquisiten Saft zu schmoren. Deshalb sammelt und veröffentlicht die Rubikon-Weltredaktion unter Federführung von Susanne Holsteiner in der Kolumne „Außensicht“ Stimmen aus aller Welt, vorwiegend aus dem anglo-amerikanischen Raum. Wie denken kritische Zeitgenossen dort über geopolitische Ereignisse? Welche Ideen haben sie zur Lösung globaler Probleme? Welche Entwicklungen beobachten sie, die uns in Europa vielleicht auch bald bevorstehen? Der Blick über den Tellerrand ist dabei auch ermutigend, macht er doch deutlich: Wir sind viele, nicht allein!
 

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Anmerkung: Irgendwie schleicht sich bei mir der Gedanke ein, dass der israelische Ministerpräsident, Kriegsverbrecher Netanjahu, im Verbund mit Tramp auch deshalb verstärkt den Konflikt gerade jetzt eskaliert, weil Putin so kurz vor der Fussball-WM keinen Grund liefern möchte, dass die Spiele durch den Westen boykottiert werden.

Wenngleich es gewichtigere, politische Gründe gibt, wie Thierry Meyssan in seinem letzten Artikel beschreibt
:


08.05.2018 [Quelle: voltairenet.org]
Russland widersetzt sich einem
Krieg zwischen Israel und Iran

Während die meisten Beobachter in dem Konflikt zwischen Russland und den USA Partei ergreifen und den Sieg ihres Lagers wünschen, versucht Moskau den Nahen Osten zu beschwichtigen. Russland widersetzt sich daher einem Angriff auf Israel durch den Iran, sowie es im Jahr 2008 strikt gegen eine israelische Operation gegen den Iran gewesen war.

 Von Thierry Meyssan  |  Voltaire Netzwerk | Damaskus (Syrien) | 08. Mai 2018

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Quelle: voltairenet.org (verlinkt)

Die israelischen Bombardements seit Dezember 2017.

I


srael hat neun Raketen gegen zwei syrische Militärbasen in der Nacht vom 29. / 30. April 2018 abgefeuert, die erhebliche Schäden verursacht haben.

Überraschend an dieser Operation ist, dass die russischen Radare die Warnung nicht an die syrischen Behörden weitergeleitet haben. Diese haben daher die israelischen Projektile nicht abfangen können.

Es stellt sich heraus, dass der Angriff nicht auf syrische, sondern auf iranische Ziele auf den syrischen Stützpunkten gerichtet war.

Kraft eines vor dem Krieg unterzeichneten Vertrages ist Iran seit dem Anfang der ausländischen Aggression, im Jahr 2011, Syrien zu Hilfe gekommen. Ohne diese Hilfe wäre Syrien besiegt, die Republik gestürzt und die Muslim-Bruderschaft an die Macht gebracht worden. Seit September 2015 wird Syrien jedoch auch durch Russland unterstützt, dessen Feuerkraft wesentlich höher ist. Es ist die Luftwaffe der russischen Armee, die mit Bomben mit hoher Durchschlagskraft die von der NATO und Lafarge gebauten unterirdischen Festungsanlagen zerstört hat, was der syrischen arabischen Armee gestattete den verlorenen Boden zurück zu gewinnen.

Heute gehen die Ziele der Iraner und der Russen auseinander.

Das Zerwürfnis zwischen Iran und Russland

Russland will die salafistischen Organisationen ausrotten und die Region als Ganzes befrieden. Und dann hofft es die historische Verbindung zwischen seiner orthodoxen Kultur und Damaskus, der ursprünglichen Stadt des Christentums, wiederherzustellen, im Einklang mit der von Katharina der Großen im 18. Jahrhundert festgelegten Strategie.

Der Iran ist heute ein zwischen drei verschiedenen Mächten geteiltes Land. Auf der einen Seite die Hüter der Revolution, auf der anderen Präsident Rohani, und schließlich der Führer Khamenei, der die Konflikte schlichtet.

Die Revolutionsgarden sind eine von der regulären Armee getrennte Eliteeinheit. Sie gehorchen dem Führer, während die Armee von dem Präsidenten der islamischen Republik abhängt. Sie versuchen, den Nahen Osten von dem angelsächsischen Imperialismus zu befreien. Sie sorgen für den Schutz der Schiiten in der ganzen Welt und verlassen sich als Gegenleistung auf sie, den Iran zu schützen. Sie sind vor allem im Jemen, Irak, Syrien und im Libanon verbreitet.

Präsident Hassan Rohani versucht sein Land aus der diplomatischen Isolierung, die durch die Revolution von Imam Khomeini entstanden ist, zu lösen. Er beabsichtigt, den internationalen Handel zu entwickeln und den Status einer dominanten Regionalmacht, den sein Land zur Zeit des Schahs hatte, wieder zu erreichen.

Ajatollah Ali Khamenei, der den Revolutionsgarden ideologisch nahesteht, versucht das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Mächten und die Einheit seines Landes zu bewahren. Es ist eine umso schwierigere Aufgabe, da sich die Spannungen zwischen den beiden vorherigen Gruppen maximal zugespitzt haben. Der ehemalige Präsident Mahmoud Ahmadinedschad (von der Revolutionsgarde stammend) und sein ehemaliger Vize-Präsident Hamid Beghaie wurden vom Rat der Wächter der Verfassung als "schlechte Muslime" gebrandmarkt. Der erste wurde unter Hausarrest gestellt, während der zweite in einem geheimen Prozess zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Seit der Ermordung von Jihad Mugniyah (Sohn von Imad Mugniyah, militärischer Befehlshaber der libanesischen Hisbollah) und von Offizieren der Revolutionsgarden im Januar 2015 an der syrisch-israelischen Demarkationslinie des Golan, deutet alles darauf hin, dass der Iran versucht, Militärbasen im Süden von Syrien einzurichten. Es sollte sich um einen Plan für einen koordinierten Angriff auf Israel, vom Gazastreifen, dem Libanon und von Syrien ausgehend, handeln.

Es ist dieses Projekt, das Israel verhindern will und dessen Unterstützung jetzt auch von Russland verweigert wird.

Die Entwicklung der politischen Positionen

Aus russischer Sicht ist Israel ein international anerkannter Staat, in dem mehr als 1 Million Bürger der ehemaligen Sowjetunion leben. Israel habe das Recht, sich zu verteidigen, unabhängig von der Frage des Diebstahls von Land und des aktuellen Apartheid-Regimes.

Aus iranischer Sicht aber ist Israel kein Staat, sondern eine illegitime Entität, die Palästina besetzt und seine historischen Einwohner unterdrückt. Es ist daher legitim, diese Entität zu bekämpfen. Auf diese Weise geht die islamische Republik jedoch über die Analyse ihres Gründers hinaus. In der Tat ist Israel für den Imam Khomeini nur ein Werkzeug für die beiden großen Kolonialmächte, die Vereinigten Staaten (der "große Satan") und das Vereinigte Königreich. Im Laufe der vergangenen Jahre ist der iranische Diskurs über Palästina besonders konfus geworden, indem politische und religiöse Argumente vermischt wurden, und auf antisemitische Stereotype zurückgegriffen wurde.

Seit drei Jahren verlangt Israel lautstark von Russland, dass es den Bau von militärischen Installationen durch den Iran im Umkreis von 50 Kilometern an der Demarkationslinie verhindere. Zunächst hat Russland darauf aufmerksam gemacht, dass der Iran den Krieg in Syrien gewonnen, während Israel ihn verloren habe. Tel Aviv habe also nichts zu sagen. Aber nun kommt man zum möglichen Ende des Krieges und die russische Position hat sich geändert: man kann nicht zulassen, dass der Iran einen neuen Konflikt beginnt.

Das ist genau die gleiche Haltung, die Russland zur Bombardierung von zwei von Tsahal in Georgien im Jahr 2008 gemieteten Flughäfen geführt hatte. Es handelte sich damals darum, einen Angriff von Tel Aviv auf Teheran zu verhindern. Außer, dass sich diesmal das Laissez-faire gegen eine iranische Initiative und nicht gegen eine israelische richtet.

Die syrische Stellungnahme

Aus syrischer Sicht ist Israel ein Feind, der die Golan-Höhen illegal besetzt. Im Laufe des Krieges hat es die Dschihadisten in Wirklichkeit unterstützt und hat das Land schon mehr als hundert Mal bombardiert.

Das iranische Projekt ist jedoch nicht so herzlich willkommen. In der Tat stellt Damaskus, wie Moskau, die Existenz des jüdischen Staates nicht in Frage, sondern nur die Form seines Regimes, das die Palästinenser ausschließt. Vor allem sucht die Arabische Republik Syrien keine Konfrontation mit ihrem Nachbarn, sondern Frieden. Die Präsidenten Hafez und Baschar Al-Assad haben beide versucht ihn durch Verhandeln zu erreichen - vor allem mit dem amerikanischen Präsidenten Bill Clinton –, aber vergeblich.

Darüber hinaus weiß jeder, dass die israelische Armee durch die Vereinigten Staaten vorbehaltlos unterstützt wird, und wenn man sie angreift, es einem Angriff auf Washington gleichkommt. Syrien, das gerade sieben Jahre ausländische Aggression mitgemacht hat und weitgehend zerstört ist, könnte diesen Weg nicht einschlagen, selbst wenn es wollte.

Damaskus, das zugestimmt hat, dass der Iran auf seinem Boden Stützpunkte installiert, wird demzufolge nicht weiter gehen.

Der iranisch-amerikanische Kontext

So wie das mögliche Ende des Krieges die derzeitige Krise verursacht hat, beeinflusst es gravierend die Zukunft des 5 + 1 Abkommens. Wahrscheinlich werden die Vereinigten Staaten es nicht weiter garantieren.

Dieses multilaterale Abkommen ist nicht das, was man glaubt. Der am 14. Juli 2015 unterzeichnete Text ist genau identisch mit dem vom 4. April. In den letzten Monaten haben Washington und Teheran unter vier Augen bilaterale geheime Klauseln ausgehandelt, deren Inhalt niemand kennt.

Jeder hat jedoch feststellen können, dass seit dem Abschluss dieser geheimen Vereinbarung die überall im Nahen Osten präsenten US-amerikanischen und iranischen Truppen sich nie direkt bekämpft haben.

Der öffentliche Teil des Abkommens konzentriert sich auf eine Aussetzung des iranischen Atomprogramms für mindestens ein Jahrzehnt; eine Aufhebung der internationalen Sanktionen gegen den Iran; und eine Verstärkung der Kontrollen der IAEO. Diese Vereinbarung ist für Teheran katastrophal, das z.B. gezwungen wurde sein Kernphysikstudium zu schließen. Aber es hat die Vereinbarung doch unterzeichnet, in der Hoffnung, die Sanktionen, die seine Wirtschaft stark beeinträchtigen, würden aufgehoben werden. Jedoch, kaum waren die Sanktionen aufgehoben, wurden sie unter einem anderen Vorwand (Raketenprogramm) wieder verhängt. Der Lebensstandard der Iraner ist weiterhin rückläufig.

Entgegen einer überkommenen Vorstellung hatte die Islamische Republik 1988 aufgehört zu versuchen, sich mit einer A-Bombe auszustatten, weil Imam Khomeini sie überzeugt hatte, dass Massenvernichtungswaffen gegen den Islam verstoßen. Allerdings hatte sie ihre zivile nukleare Tätigkeit und einige Forschungen für taktische militärische Anwendungen weiter verfolgt. Heute sind nur diejenigen, die in die Fußstapfen des Schahs treten wollen - d. h. die Gruppe des Präsidenten Rohani - gewillt, ihr militärisches Atomprogramm wieder aufzunehmen. Aber sie werden es wegen ihrer ausgezeichneten Beziehungen zu Washington nicht tun.

Ein Vorbereitungstreffen für die globale Weiterverfolgung des Vertrags der nuklearen Nichtverbreitung findet derzeit in Genf statt. Der Iran und Russland verteidigen dort einen Antrag, um den Nahen Osten zur "atomwaffenfreien Zone" zu machen; ein Antrag, den Israel, Saudi Arabien und der Westen bekämpfen.

Die durch Teheran über Syrien ausgeübte Bedrohung sollte möglicherweise als Druckmittel verstanden werden, um die parallel zu der 5+1-Vereinbarung getroffenen geheimen Klauseln beizubehalten.

Autor: Thierry Meyssan | Übersetzung/Korrekturlesen : Werner Leuthäusser

Thierry Meyssan: Politischer Berater, Präsident und Gründer des Réseau Voltaire und der Konferenz Axis for Peace. Er veröffentlicht Analysen über ausländische Politik in der arabischen, latein-amerikanischen und russischen Presse. Letztes, auf Französisch veröffentlichte Werk: Sous nos yeux - Du 11-Septembre à Donald Trump.

Dieser Beitrag ist unter Lizenz der Creative Commons (CC BY-NC-ND

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08.05.2018 [Quelle: luftpost-kl.de]

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Quelle: luftpost-kl.de

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