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![]() 19.04.2016 10:20 Der „Panama-Scoop“ Eine sehr empfehlenswertes Interview von Jens Wernicke mit dem Autor und Journalisten Wolf Wetzel wurde gestern in den NachDenkSeiten veröffentlicht. Wie ich meine, eine gute Zusammenfassung und Beurteilung dessen, was in Sachen "Panama Papers" bislang verbreitet wurde. JWD 18.04.2016 [Quelle: nds.de] Der „Panama-Scoop“
Mafiosi können bei uns Geld waschen. Beliebt sind etwa Investitionen in Objektgesellschaften für Immobilien, die dann weitgehend steuerfrei wieder verkauft werden“, weiß dazu etwa der linke Europaabgeordnete Fabio de Masi zu berichten. Warum also läuft ein Gros der medialen Debatte am eigentlichen Thema vorbei? Warum spricht niemand einmal wirklich über die oftmals sogar legale Schattenwirtschaft der Mächtigen weltweit? Darüber, dass Deutschland „nicht bloß Opfer der Steueroasen, sondern längst selbst Teil des Problems ist“? Und darüber, dass die Debatte um „Steuerbetrug“ einer gut angelegten falschen Fährte folgt, die vom Eigentlichen ablenken soll? Zu diesem sowie zu den Interessen hinter dem „Investigativ-Journalismus“ mit den „Panama Papers“ sprach Jens Wernicke mit dem Autor und Journalisten Wolf Wetzel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. (..hier) Herr Wetzel, Sie sind staatsferner Journalist und verwenden viel Mühe auf systemische Recherchen. Was halten Sie von den „Panama Papers“? Es sind viele Facetten, die da aufgehen. Realisiert wurde jedenfalls ein gut platzierter, finanziell bestens ausgestatteter journalistischer Coup. Und die „Papers“ enthalten tatsächlich eine Menge spannende Details – wie die über den Privatagenten Werner Mauss, der für staatskriminelle Angelegenheiten ebenso unterwegs war wie für die Nutzung von Scheinfirmen durch Regierungen und Konzerne. Es werden aber auch viele falsche Lichter gesetzt, von denen man sich allerdings nicht blenden lassen muss, liest man das veröffentlichte Material „gegen den Strich“. Das lohnt sich auf jeden Fall. Und diesen Umgang würde ich dringend empfehlen. Inwiefern? Warum erscheint das notwendig? Weil zumindest mittels der Art und Weise, wie mit diesen Papieren umgegangen wurde und wird, Propaganda betrieben wird, die gewissen Interessen ganz offensichtlich zuarbeitet. Die Berichterstattung ist äußerst eindimensional und bringt einiges in den Fokus, wohingegen sie anderes jedoch offensichtlich verschweigt. Man könnte fast annehmen, dass es sich hier um eine konstatierte Kampagne handelt, auf jeden Fall aber etwas, das strategische und wohl auch geopolitische Ziele verfolgt, wofür man eben – wieder einmal, nun jedoch auf neue Art und Weise – „den Journalismus“ instrumentalisiert. Verstehe ich das richtig: Sie sehen hier Mechanismen des Empörungsmanagements und also der bewussten Steuerung der öffentlichen Meinung am Werk? Wer „steuert“ hier denn, manipuliert also die Demokratie? Haben Sie Namen parat? Ich bin dagegen, einen Steuermann, einen Kopf für diesen Hot-Spot-Journalismus ausfindig zu machen. Ich glaube, dieses System braucht keine „Köpfe“ mehr, es hat sich selbst anonymisiert. Das lässt sich sehr gut an dem illustren Journalistenpool erklären, der für die Veröffentlichung zuständig zeichnet. Denn der ist selbst eine Art Briefkasten-, also Scheinfirma. Zu Beginn der Veröffentlichung hatte man nur eine rührselige und tapfere Geschichte. Aufrechten und wagemutigen Journalisten sei eine 2,6 Terrabyte schwere „Story“ in die Hände gefallen. Schnell wird denen klar, dass sie das nicht alleine bewältigen können. Also teilen sie sich mit anderen aufrechten Journalisten diese „Beute“. Ganz beiläufig fällt dann der Name „Internationales Konsortium investigativer Journalisten“, ICIJ. Das klingt mutig, konsequent und geballt. Dann kam aber unter anderem durch Beiträge auf den NachDenkSeiten und anderenorts heraus, dass sich hinter diesem eindrucksvollen Namensschild doch ein bisschen mehr verbirgt. Der ehemalige britische Botschafter Craig Murray schreibt hierzu etwa: „Das ICIJ wird finanziert und betrieben vom amerikanischen Center for Public Integrity. Unter den Unterstützern und Finanziers dieses Instituts findet man Namen wie: Da rechnen Sie mal lieber nicht mit einer schonungslosen Offenlegung des westlichen Kapitalismus. Die dreckigen Geheimnisse der westlichen Unternehmen werden auch weiterhin verschlossen bleiben.“ Wenn man also nun weiß, dass die finanzielle Schlagkraft dieses Journalistenpools zu 80 Prozent aus der Finanzindustrie kommt, dann könnte man …. nun ja, lachen oder eben ein gut verschachteltes und anonymisiertes Propagandainstrument mit dem Label ICIJ entdecken. Erstaunlich schnell hat dann die Süddeutsche Zeitung, die auch zu den Begünstigten und Teilnehmerinnen des ICIJ zählt, auf diese unerfreuliche „Enthüllung“ der Netzwerke im Hintergrund reagiert. Es hat ihr schon mächtig wehgetan, dass dem „investigativen“ Journalismus drohte, als trojanisches Pferd nach Hause gehen zu müssen. Also ging man wenige Tage später, am 12. April 2016, unter dem Titel: „Der globalisierte Journalismus“ in die „Offensive“ und gibt nun preis, was man nicht mehr verschweigen kann: „Einer der größten Unterstützer ist seit Jahren die Open-Society-Stiftung des Multimilliardärs George Soros. Sie gibt dem ICIJ gut ein Drittel des Gesamtbudgets.“ Und hinter diesem Punkt erscheint dann gar der Hinweis: „Soros ist umstritten …“ Dann folgt eine lange Abhandlung darüber, dass das zwar alles stimmt, aber dass es in diesem Fall ganz anders sei als viele denken. Denn in diesem Ausnahmefall nähmen die Finanziers dieses investigativen Journalismus keinen Einfluss auf die Berichterstattung. Dafür lässt man den Vorsitzenden des ICIJ, Gerard Ryle, zu Wort kommen: „Wir haben uns bewusst entschieden, kein Geld von jemandem zu nehmen, der uns sagen will, was wir tun oder lassen sollen.“ Das alles ist in etwa so glaubhaft wie die Behauptung, man könne durch den Regen laufen, ohne nass zu werden. Oder weniger bildhaft ausgedrückt: Was wäre, wenn in den Panama-Papieren nicht nur einige Vertraute von Putin, sondern auch „Freunde von Soros“ auftauchen, die sich ebenfalls dieser „Scheinfirmen“ bedienen? Was geschähe dann? Weil Sie Putin sagen: Wikileaks stuft die ganze Panama-Sache als gezielten nachrichtendienstlichen Propaganda-Coup der USA gegen Putin ein, meint also, wenn ich recht verstehe, die Sache sei von vorne bis hinten fremdbestimmt gewesen, ja, der Journalismus verkäme hier zum Instrument der Manipulationen der Macht… Es gibt aber auch noch eine zweite kritische Lesart und Interpretation. Manch Denker gewann anhand der ganzen „Panama-PR“ nämlich inzwischen den Eindruck, diese ganze Affäre diene – zumindest auch noch – der PR für ein ganz anderes Ziel. Konkret: Es wird nun viel über Panama, kaum aber über Steuerflucht im Allgemeinen geredet. Kaum irgendwo ist diesbezüglich eine Debatte entbrannt, dass diesbezüglich viel dringender als „gegen“ Panama gegen die USA und Deutschland etwas unternommen gehört. Ein geistreicher Kommentar im Neuen Deutschland klassifiziert den ganzen Hype daher sogar als „marktkonforme Kritik“, die dazu diene, das Vertrauen der Bevölkerung in Kapitalismus und Ausbeutung wiederzugewinnen… Natürlich drängt sich derlei auf, wenn man als Opener etwa das Konterfei des russischen Ministerpräsidenten Putin nimmt, diesen also visuell als Kopf der kriminellen Bande präsentiert. Zu Recht fragt Albrecht Müller, warum in den bisherig veröffentlichten Dossiers keinerlei namhaften US-Bürger auftauchen. Das ist insbesondere dann eine berechtigte Frage, wenn man weiß, dass es die Arbeitsmethode dieses Medienpools ist, das Rohmaterial nicht ins Netz zu stellen, sondern sich dessen nur selektiv zu bedienen. Und auch bereits die Benennung der geleakten Geschäftsunterlagen von Mossack Fonseca als „Panama-Papiere“ lässt den begründeten Verdacht aufkommen, dass man hiermit die Regierung in Panama unter Druck setzen will, die möglicherweise nicht so kooperativ ist, wie man das möchte. Es gibt also gute Gründe, davon auszugehen, dass mit diesem ganzen Medienhype auch falsche Fährten gelegt bzw. verstärkt worden sind. Und da verhält es sich ähnlich wie auch beim NSU-VS-Komplex: Die Aufgabe eines nicht devoten Journalismus ist es, die Lücken und die wissentlich falsch gelegten falschen Fährten in dieser Panama Story zu finden und diese herauszuarbeiten und aufzudecken. Gerade diese falschen Fährten sind nämlich trotz des ganzen Gigantismus des Projektes gewaltig und signifikant! Davon ist weit und breit aber nur wenig zu lesen; nur wenige Journalisten machen das, was eigentlich ihre Arbeit und Aufgabe ist. Jetzt haben Sie mich neugierig gemacht. Werden Sie doch bitte ein wenig konkreter. Nun, die wichtigste falsche Fährte, die sich durch alle Dossiers zieht und die man als journalistische Verdeckungstat bezeichnen kann, ist die folgende: Wir gehen aktuell alle davon aus und sollen dies eben auch, denn so ist die Erzählung über windige „Briefkastenfirmen“ im bösen Panama gestrickt, dass diese zur Steuerhinterziehung, zum Steuerbetrug genutzt werden. Das empört so ziemlich alle, vor allem jene, die Steuern bezahlen, ohne hierzu auch nur gefragt zu werden, also die Arbeitnehmer im Land. In diesem Sinne muss wohl wirklich von einem groß angelegten „Empörungsmanagement“, wie Rainer Mausfeld das nennt, zu sprechen sein. Denn diese falsche Spur legen die deutschen Ableger des ICIJ wider besseres Wissens. Um Steuern zu „vermeiden“, um also so gut wie keine Steuern zu bezahlen, braucht man gar keine „Briefkastenfirma“. Man muss nur in der obersten Wirtschaftsliga mitspielen, dann geht das alles „ganz legal“. Bei den über 240.000 „Scheinfirmen“ in Panama ist in aller Regel Steuerhinterziehung tatsächlich ein nachrangiges, ja, geradezu nebensächliches Phänomen: In erster Linie dienen die „Briefkastenfirmen“ dazu, Geld aus den normalen, also überprüfbaren Geschäftsbüchern bzw. -bilanzen herauszunehmen, um es für extra-legale Zwecke zu verwenden. Das wissen alle: die Banken, die Nutznießer und die Regierungen. Denn diese nicht bilanzierten Gelder werden für Schmiergeldzahlungen, für Bestechungen und für staatsterroristische Zwecke verwandt; ihr Vorhandensein ist kein Geheimnis auf dem internationalen Parkett. Anders gesagt: Wenn der Siemens-Konzern Millionen von Euro an Bestechungsgeldern auszahlte, um Aufträge zu bekommen, also Regierungsbeamte schmiert, dann wäre es nicht besonders geschickt, wenn man dies unter „außergewöhnliche Aufwendungen“ in den Geschäftsbüchern wiederfände. Dass Regierungen diese Praktiken decken, solange eben beispielsweise deutsche Interessen damit gewahrt und durchgesetzt werden können, leuchtet hoffentlich ein. Dieser kapitaleigene Untergrund ist also erwünscht und wird der Öffentlichkeit bewusst vorenthalten. Er ist kein Exzess, sondern eine Konstante im Bereich dieses Wirtschaftskrieges. Wo aber haben Sie hierzu schon einmal etwas bei diesem ganzen Medienhype gelesen?
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