02.03.2016 00:00
Moskau, Schutzwall gegen die Dschihadisten
Seit 2012 versucht Moskau den Westen für seine Sache zu mobilisieren: die
Zivilisation gegen den Dschihadismus zu verteidigen, wie einst sich die Welt
gegen den Nationalsozialismus vereint hatte. Dafür hat es zuerst das Weiße Haus
von den Kämpfern getrennt, die es als "Dschihadisten" betrachtet und welche die
Vereinigten Staaten aber "Rebellen" heißen. Heute versucht es, die Türkei zu
isolieren. [Quelle: voltairenet.org] JWD
Mehr als ein diplomatisches Epiphänomen, markiert die Einstellung der
Feindseligkeiten in Syrien eine Wende der Situation. Washington hat zugegeben,
dass es keine ’moderaten‘ bewaffneten Gruppen gibt, - oder sie nicht mehr gibt
-.
Von Thierry Meyssan |
Voltaire Netzwerk | Damaskus (Syrien) | 29. Februar 2016
Quelle:
voltairenet.org (verlinkt)
Demonstration vor der Botschaft der Russischen
Föderation in Damaskus.
Zu Unrecht analysieren wir die russische Politik aus arabischer oder
westlicher Sicht. Russland hat seine eigene Erfahrung mit Dschihadisten, die es
seit 1978 kennt, als sie kamen, um den afghanischen Paschtunen gegen die
kommunistische Regierung in Kabul Vorschub zu leisten.
Wladimir Putin bekämpfte persönlich die Dschihadisten des Kaukasus, besonders
das islamische Emirat von Itschkeria (Krieg in Tschetschenien 1999-2000), und
hat sie besiegt. Damals befürworteten die Araber die russischen Muslime und
verstanden nicht, was dort geschah, während die Westler, nach der Auflösung der
Sowjetunion, all jenen applaudierten, die versuchten, die Bewegung in der
Zerstückelung Russlands weiter voranzutreiben. Allerdings gab es auf dem Boden
keinen Unterschied zwischen dem Emirat von gestern und dem Kalifat von heute.
Scharia wurde angewendet und man schlug die Köpfe in Grosny genauso ab wie in
Rakka.
Quelle: voltairenet.org
Gräueltaten der Dschihadisten im Kaukasus. Hier in Dagestan im Jahr 1999.
Heute, trotz der Propaganda, Syrien mache Krieg gegen den Islam oder die
Arabische Republik Syrien sei eine "alawitische (sic) Diktatur (SIC!)“ welche
Sunniten abschlachte, heute sind die Fakten hartnäckig: die syrische arabische
Armee welche die Dschihadisten bekämpft, besteht aus 70 % Sunniten.
Im Jahr 2012, d.h. fast am Anfang des Krieges, zur Zeit als die US-amerikanische
DIA das Weiße Haus warnte, was aus Daesh werden sollte, sagte Wladimir Putin,
dass Syrien eine "russische nationale Angelegenheit“ geworden sei. Seit dieser
Zeit versuchte er, eine internationale Koalition mit den Westlern gegen die
Dschihadisten zu erstellen.
Russland erinnert sich, wie sich die Welt in den 1930er Jahren veränderte.
Damals war der König von England, Edward VIII, offen ein Nazi. Montagu Norman,
der Gouverneur der Bank of England, finanzierte die Machtergreifung von Adolf
Hitler mit Geld der britischen Krone [1]. Die Briten dachten so, einen Staat zu
unterstützen, der fähig wäre, die Sowjetunion zu stürzen, die den Zar Nicholas
II. eliminiert hatte und ihre kapitalistischen Interessen bedrohte. Jedoch
während des zweiten Weltkrieges taten sie sich mit Stalin und Mao zusammen,
gegen Hitler.
Quelle: voltairenet.org
Auf diesen von dem Sun enthüllten Bildern aus Archiven, lehrt der spätere
König
Edouard VIII die zukünftige Königin Elizabeth II - im Alter von 6 Jahren -,
den
Nazi-Gruß.
Wladimir Putin hofft die Allianzen von heute umzudrehen, wie es in den Jahren
1936-39 der Fall war. Deshalb hat er sich in den letzten Jahren bemüht, die
Amerikaner als "Partner" zu behandeln, obwohl Washington ihn in den Rücken
schoss, Demonstrationen in Moskau gegen seine Regierung (2011 / 12) und einen
Staatsstreich in der Ukraine (2013-14) organisierte.
Der russische Botschafter Vitali Tschurkin hat am 10. Februar einen Bericht mit
Informationen über die Tätigkeiten der Türkei zur Unterstützung der
Dschihadisten an alle Mitglieder des Sicherheitsrates verteilt [2]. Dieses
zweiseitenlange Dokument stellt ein Dutzend unbestreitbare Tatsachen dar. Es
bescheinigt, dass die Türkei ein Schurkenstaat ist, der absichtlich und seit
vielen Jahren gegen mehrere Resolutionen der Vereinten Nationen verstößt. Alle
diese Tatsachen sind jedoch mit Netzwerken und Agenten verbunden, die schon
damals die tschetschenischen Dschihadisten unterstützt hatten. Seinerzeit war
der türkische Staat als solcher nicht beteiligt, es war die Partei der Wohlfahrt
(Refah). Zur jetzigen Zeit, da die Refah Partei aufgelöst wurde, ist Platz für
die AKP. Die Männer der AKP sind an der Macht, der türkische Staat ist
involviert [3].
Beharrlich versucht der russische Bär nun die Türkei von der NATO zu trennen.
Von dieser Operation hängt die Zukunft der Menschheit ab. Entweder bleibt die
Türkei im Atlantischen Bündnis, und kann weiter die Dschihadisten unterstützen,
nicht nur in Syrien, sondern auch im Irak, Libyen, und schließlich in der ganzen
Welt. Oder die NATO geht mit der Türkei auf Distanz, und in diesem Fall vereinen
sich die Vereinigten Staaten und die Russische Föderation tatsächlich zur
wirksamen Bekämpfung der Dschihadisten, wo immer sie auch sein mögen.
Es scheint, dass es den Russen am 12. Februar gelungen sei, das Weiße Haus von
den neo-konservativen und liberalen Falken, die die Türkei und die Dschihadisten
unterstützen, zu trennen. Sergej Lawrow und John Kerry haben vereinbart, zwei
Arbeitsgruppen einzurichten, deren Vorsitz sie selbst einnehmen, und damit den
Vereinten Nationen nur die Rolle des Schreibers überlassen [4]. Mit anderen
Worten, Jeffrey Feltman, der seine Funktionen als Nummer 2 der Vereinten
Nationen dazu verwendete, um alle Friedens-Anstrengungen seit dreieinhalb Jahren
zu sabotieren, wurde ausgeschaltet [5]. Ergebnis: in nur 10 Tagen konnten
Russland und die Vereinigten Staaten die Voraussetzungen für die Einstellung der
Feindseligkeiten schaffen, welche sich seit 2012 in die Länge zogen [6].
Quelle: voltairenet.org
Präsident Putin bestand darauf, den Abschluss der Vereinbarung über die
Beendigung der Feindseligkeiten mit den Vereinigten Staaten im Fernsehen
persönlich bekannt zu geben.
Diese Einstellung der Feindseligkeiten wurde eindeutig von der „Nationalen
Koalition der Streitkräfte der Revolution und der syrischen Opposition“
abgewiesen, welche der Präsident, der Türkisch-Syrier Khaled Khodscha, in einem
Brief an den Sicherheitsrat folgendermaßen kommentiert hat: "es ist absolut
unverschämt, bilaterale Abkommen mit Russland über "Einstellung der
Feindseligkeiten" zu schließen, während diese Vereinbarungen nicht den größten
Mörder von Zivilisten in Syrien betreffen, welcher die Russische Föderation ist.
Es ist höchste Zeit, dass Russland Syrien verlässt und mit dem brutalen Krieg
gegen unsere Mitbürger Schluss macht." [7].
Diese Vereinbarung ist eigentlich eine Falle, um das gesamte System der
neo-konservativen und liberalen Falken zu zerstören. Bereits während der
Verhandlungen Genf 3 hatte Russland die mangelnde Bereitschaft der von Saudi
Arabien und der Türkei unterstützten "Opposition" geduldig hervorgehoben. Diese
Opposition hat sich durch ihre Verzögerungstaktik ganz allein diskreditiert. Es
ging nicht um ihre Repräsentativität, sondern nur um zu zeigen, dass sie in
keiner Weise die Lebensbedingungen der Syrer verbessern, sondern ausschließlich
die Arabische Republik Syrien stürzen wollte. Das obige Zitat genügt um sich
davon zu überzeugen, da die Einstellung der Feindseligkeiten, im Widerspruch zu
den Behauptungen von Herrn Khodscha, Russland betrifft, aber nicht die Gruppen,
die von den Vereinten Nationen als Terroristen geführt werden.
Diese Einstellung der Feindseligkeiten soll die Gewaltakteure zur Verantwortung
ziehen. Es genügte für sie, sich in Washington oder Moskau registrieren zu
lassen, um von den russischen und syrischen Bombardierungen verschont zu
bleiben, aber sie hätten in diesem Fall den Sturz der Arabischen Republik Syrien
aufgeben müssen und an einem politischen Prozess für ein säkulares und
demokratisches Syrien teilnehmen müssen, also den Traum eines islamischen
Staates aufgeben. Nur 97 von den 1000 bekannten Katibas, hätten gewagt, an einem
Prozess teilzunehmen, der aus ihnen "Verräter" an der türkischen Sache macht und
sie als nächste Opfer ihrer ehemaligen Dschihadisten kennzeichnet.
Zudem konnten die Westler nichts Besseres erwarten. Am 15. Dezember 2015
versicherte General Didier Castres, verantwortlich für die französischen
externen Operationen, bei einer Anhörung im Senat, dass die Gesamtzahl der
gemäßigten Kämpfer voraussichtlich nicht 20 000 überschreite [8]. Der Anteil der
syrischen Kämpfer unter allen bewaffneten Gruppen in Syrien, wäre jedoch einem
deutschen Nachrichten-Bericht zufolge, von Januar 2016, nur 5 % [9].
Genau wegen dieser Tatsache wurde von Kerry und Lawrow die Einstellung der
Feindseligkeiten und nicht ein Waffenstillstand beantragt - dieser zweite
Ausdruck ist der einzige mit rechtlichen Folgen -.
Daher muss man Kerrys Antwort auf eine Frage von einem Senator während einer
parlamentarischen Anhörung über einen möglichen "Plan B" als eine Ausflucht
ansehen. Wenn die Einstellung der Feindseligkeiten nicht funktioniert, kann es
keine Partition von Syrien geben, einfach weil der Plan der Einstellung der
Kampfhandlungen gezeigt haben wird, dass die Wahl nicht zwischen Damaskus und
den ’Rebellen’ liegt, sondern zwischen Damaskus und den "Dschihadisten".
Quelle: voltairenet.org
Für die Beraterin von Präsident Al - Assad, sollte der "Plan B" von John Kerry
den Kampf gegen die Dschihadisten anstreben.
In der gleichen Logik sagte der luxemburgische Minister für auswärtige
Angelegenheiten, Jean Asselborn, dem Spiegel, dass die NATO sich nicht in einen
durch die Türkei ausgelösten Krieg gegen Russland einlassen würde [10]. Artikel
5 der Charta der Atlantischen Allianz plant nur dann einen Mitgliedstaat zu
unterstützen, wenn er direkt angegriffen wird, nicht aber, wenn er selbst einen
Konflikt auslöst [11]. Aussage von Deutschland bei der Daily Mail bestätigt]
[12].
Von jetzt ab bereitet sich das Weiße Haus darauf vor, Recep Tayyip Erdogan zu
opfern, der für alle Übel der Region verantwortlich gemacht werden sollte. Der
türkische Präsident könnte wie sein Vorgänger Turgut Özal 1993 ermordet werden,
oder durch seine Verwandten gestürzt werden. Andernfalls wird sich der Krieg von
Syrien in die Türkei verschieben. Wladimir Putin wird sein Ziel erreicht haben:
die Frontlinien so zu ändern, dass die Westler an seiner Seite gegen die
Dschihadisten kämpfen, obwohl sie sie geschaffen haben.
Wichtige Punkte:
Russland hat sich nicht in Syrien engagiert, um wirtschaftliche Interessen zu
verteidigen oder ein Bündnis des Kalten Krieges wieder aufleben zu lassen,
sondern um gegen die Dschihadisten zu kämpfen.
Seit 2012 versucht Russland, die Westler von den Dschihadisten zu trennen, die
sie erstellt haben, und seit 1978 unterstützen.
Mit dem Abschluss des Abkommens von München stimmte John Kerry zu, Jeffrey Feltman, den Führer der neokonservativen und liberalen Falken bei den Vereinten
Nationen, in eine untergeordnete Rolle zu relegieren. Mit dem Vorschlag der
Einstellung der Feindseligkeiten, erlaubte er vernünftige syrische Kämpfer von
Dschihadisten zu trennen.
[1] „Anglo-amerikanische Geldbesitzer organisierten den zweiten Weltkrieg“, von
Valentin Katasonov, Strategic Culture Foundation (Russland) , Voltaire Netzwerk,
10. Mai 2015.
[2] „Bericht des russischen Geheimdienstes über die aktuelle türkische Hilfe für
Daesh“, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 19. Februar 2016.
[3] „Wie die Türkei die Dschihadisten unterstützt“, von Thierry Meyssan,
Übersetzung Sabine, Voltaire Netzwerk, 22. Februar 2016.
[4] “Statement of the International Syria Support Group”, Voltaire Network, 12
February 2016.
[5] „Deutschland und die Uno gegen Syrien“, von Thierry Meyssan, Übersetzung
Horst Frohlich, Sabine, Al-Watan (Syrien) , Zeit Fragen (Schweiz) , Voltaire
Netzwerk, 28. Januar 2016.
[6] “Cessation of Hostilities in Syria”, Voltaire Network, 22 February 2016.
[7] "Brief vom 18. Februar 2016, adressiert vom Vertreter der nationalen
Koalition der Streitkräfte der Revolution und der syrischen Opposition.“
UNO-Dokument 165-2016-S.
[8] « Audition au Sénat du général Didier Castres sur Daesh », Réseau Voltaire,
15 décembre 2015.
[9] “Asian rebels in Aleppo, Western blind spot”, Christina Lin, Asia Times,
February 8, 2016.
[10] « Syrienkonflikt: Warnung aus der Nato an die Türkei », Der Spiegel, 19.
Februar 2016.
[11] « Traité de l’Atlantique Nord », Réseau Voltaire, 4 avril 1949.
[12] « NATO warns Turkey it can’t count on support in a conflict with Russia as
tensions escalate », Gianluca Mezzofiore, Daily Mail, February 20, 2016.
Thierry Meyssan: Französischer Intellektueller, Präsident und Gründer des Réseau
Voltaire und der Konferenz Axis for Peace. Er veröffentlicht Analysen über
ausländische Politik in der arabischen, latein-amerikanischen und russischen
Presse. Letztes, auf Französisch veröffentlichte Werk : L’Effroyable imposture :
Tome 2, Manipulations et désinformations (hg. JP Bertand, 2007).
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