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25.02.2016 00:00
Wie die Türkei die Dschihadisten unterstützt
Russland hat die Frage nach der Zukunft der Türkei aufgeworfen, als es dem Sicherheitsrat einen Geheimdienstbericht über die Aktivitäten dieses Landes zur Unterstützung der Dschihadisten übergab. Das Dokument umfasst etwa zehn Enthüllungen, die die Umtriebe des MIT in Zweifel stellen. Das Problem dabei ist, dass jede der genannten Operationen auf andere Operationen verweist, bei denen dieselben Akteure zusammen mit den Vereinigten Staaten oder ihren Alliierten gegen Russland gearbeitet haben.  [Quelle: voltairenet.org]  JWD

Diese Informationen addieren sich zu jenen, die über die persönlichen Verbindungen von Präsident Erdogan zu dem Banker von al-Qaida und über die Hehlerei seines Sohnes von dem durch Daesh gestohlenen Öl bereits verfügbar sind.

Von Thierry Meyssan | Voltaire Netzwerk | Damaskus (Syrien) | 22. Februar 2016



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Quelle: voltairenet.org (verlinkt)

Russland hat den Mitgliedern des Uno-Sicherheitsrates einen Geheimdienstbericht über die Aktivitäten der Türkei zugunsten der Dschihadisten vorgelegt, die in Syrien im Einsatz sind [1]. Dieses Dokument liefert zehn Tatbestände, die jeder für sich gegen eine oder mehrere Resolutionen des Rates verstoßen.

Damit stellt Russland den Rat vor seine Verantwortlichkeit und im weiteren Sinne auch einige andere zwischenstaatliche Organisationen. Rechtlich gesehen müsste der Rat die Beweise für diese Behauptungen verlangen und die Türkei zu Erklärungen vorladen. Im Fall, dass sich die Schuldhaftigkeit der Türkei herausstellt, müsste er über Sanktionen entscheiden, die nach Kapitel VII der Charta vorzunehmen sind, das heißt unter Anwendung auf Gewalt. Die Organisation des Nordatlantikpakts und die Organisation für Islamische Zusammenarbeit müssten ihrerseits diesen Staat aus ihren Reihen ausschließen, während die Europäische Union die Beitrittsverhandlungen beenden müsste.

Indessen zeigt die aufmerksame Lektüre des russischen Geheimdienstberichtes, dass die vorgebrachten Tatbestände geeignet sind, noch ganz andere Themen zu eröffnen und andere Mächte zu beschuldigen. Damit ist es eher wahrscheinlich, dass dieser Bericht nicht öffentlich diskutiert wird, sondern dass man die Zukunft der Türkei hinter verschlossenen Türen verhandelt.

Der Fall Mahdi al-Harati

Der 1973 in Libyen geborene Mahdi al-Harati emigrierte nach Irland und gründete dort eine Familie.

Im Mai 2010 ist er mit an Bord der Mavi Marmara, des Flaggschiffs der „Flottille der Freiheit“, die von der türkischen nichtstaatlichen IHH organisiert wurde, um humanitäre Hilfsgüter nach Gaza zu liefern. Die Schiffe werden auf dem offenen Meer von der israelischen Armee gekapert, was einen internationalen Skandal auslöst. Die Passagiere werden von der Tsahal entführt, in Israel eingesperrt, schließlich befreit [2]. Recep Tayyip Erdogan, damals Ministerpräsident, begibt sich in ein Krankenhaus, um die verwundeten Aktivisten aufzumuntern. Sein Kabinett verteilt ein Foto, auf dem einer von ihnen Erdogan wie seinen Vater umarmt. Es soll sich um einen türkisch-irischen El Mehdi El Hamid El Hamid handeln, in Wahrheit ist es der libysch-irische
Mahdi al-Harati.

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Quelle: voltairenet.org (verlinkt)

Im Juli 2011 wird in sein Haus in Rathkeale (Irland) eingebrochen. Seine Lebensgefährtin Eftaima al-Najar benachrichtigt die Polizei und erklärt, dass die Diebe wertvolle ägyptische und libysche Edelsteine und 200.000 Euro in 500er Banknoten geraubt haben. Bei der telefonischen Kontaktaufnahme bestätigt Mahdi-al-Harati der Polizei, dass er Amtspersonen aus Katar, Frankreich und den Vereinigten Staaten getroffen und diese Summe von der CIA erhalten habe, um beim Sturz Muammar al-Gaddafis zu helfen [3]. Er kommt zu einem späteren Zeitpunkt, als der libysche Widerstand sich dieser Sache annimmt, auf seine ersten Erklärungen zurück [4].

Im August 2011 kommandiert er die Tripoli-Brigade – in der auch sein Schwager Hosam al-Najjair Mitglied ist –, eine al-Qaida-Einheit unter Supervision von französischen Legionären, die von der Nato beschuldigt wird, das Hotel Rixos eingenommen zu haben [5]. Offiziell ist dies Hotel ein internationales Pressezentrum, aber die Allianz ist durch den türkischen Erbauer des Hauses darüber informiert worden, dass es über ein eingerichtetes, von außen erreichbares Untergeschoss verfügt, in das sich verschiedene Mitglieder der Familie Gaddafi und Beamte der Dschamahirija geflüchtet haben. Einige Tage lang schlägt er sich mit den Franzosen gegen die Soldaten von Khamis Gaddafi [6].

Im September 2011 ernennt ihn die Nato zum Stellvertreter von Abdelhakim Belhaj, dem historischen al-Qaida-Führer, der „Militärgouverneur von Tripolis“ geworden ist [7]. Angeblich infolge einer Meinungsverschiedenheit mit Belhaj tritt er am 11. Oktober zurück [8].

Dennoch kommandiert er im November 2011 an der Seite von Abdelhakim Belhaj eine Gruppe von 600 bis 1.500 al-Qaida-Dschihadisten in Libyen – früher zur Gruppe der in Libyen kämpfenden Islamischen Gruppe gehörig –, die als Flüchtlinge registriert sind und in der Verantwortung von Ian Martin, dem ehemaligen Generalsekretär der Fabian Society und von Amnesty International, der zum Sonderbeauftragten von Ban Ki-moon geworden ist, über das Meer in die Türkei transportiert werden.

Nach der Ankunft in der Türkei werden die Dschihadisten per Bus in Begleitung des MIT (türkischer Geheimdienst) nach Syrien überführt. Sie richten sich in Jabal al-Zouia ein, wo sie im Auftrag Frankreichs die Freie Syrische Armee (FSA) ins Leben rufen. Fast zwei Monate lang empfangen Abdelhakim Belhaj und Mahdi al-Harati dort alle westlichen Journalisten, die auf dem Weg über die Türkei über das Ereignis zu berichten versuchen, in einem zum „Potemkinschen Dorf“ umgewandelten Ort [9]. Das Kabinett von Ministerpräsident Erdogan setzt sie in Verbindung mit Schleppern, von denen sie per Auto nach Jabal al-Zouia gebracht werden. Dort sehen sie mit eigenen Augen Tausende von Menschen „gegen die Diktatur von Baschar al-Assad und für die Demokratie“ demonstrieren. Sehr angetan schlussfolgert die westliche Presse auf die Revolution, bis ein Journalist der spanischen Tageszeitung ABC, Daniel Iriarte, merkt, dass die Mehrheit der Demonstranten keine Syrer sind, und ihre libyschen Chefs Abdelhakim Belhaj und Mahdi al-Harati erkennt [10]. Es spielt keine Rolle mehr, das Spektakel der Brigade „Falken der Levante“ (Suqour al-Sham Brigade) hat seinen Eindruck gemacht. Der Mythos einer FSA, die aus „Deserteuren der Syrischen Arabischen Armee“ besteht, ist in die Welt gesetzt und die Journalisten, die ihn verbreitet haben, werden nie eingestehen, dass sie zum Narren gehalten worden sind.

Im September 2012 kommt Mahdi al-Harati aus gesundheitlichen Gründen wieder nach Libyen – nicht ohne zuvor mit seinem Schwager eine neue dschihadistische Gruppe aufgebaut zu haben: Liwa al-Umma (Brigade der Umma) [11].

Im März 2014 begleitet Mahdi al-Harati eine neue Gruppe von libyschen Dschihadisten, die über das Meer in die Türkei einreisen. Dem Bericht des russischen Geheimdienstes zufolge wird sie von der Nummer 2 des Regimes, Hakan Fidan, dem Chef des MIT (türkischer Geheimdienst) übernommen, der soeben in seinen Aufgabenbereich zurückgekehrt ist. Über den Grenzübergang von Barsai gelangen sie zu Daesh. Diese Entscheidung ist die Folge des in Washington von der Nationalen Sicherheitsberaterin Susan Rice organisierten Treffens mit den Geheimdienst-Chefs der Golfregion und der Türkei, um ihnen die Betreibung des Krieges gegen Syrien anzuvertrauen, angeblich ohne al-Qaida und Daesh verwenden zu müssen [12].

Im August 2014 wird Mahdi al-Harati mit Hilfe Katars, des Sudan und der Türkei zum Bürgermeister von Tripolis „gewählt“. Er untersteht der von den Muslimbrüdern beherrschten Regierung von Tripolis und lehnt die von Tobruk, die von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt wird, ab.
Der Werdegang von Mahdi al-Harati belegt die Verbindungen zwischen al-Qaida in Libyen, der Freien Syrischen Armee, Daesh und den Muslimbrüdern und macht die Theorie von der demokratischen Revolution in Syrien vollständig zunichte. Er zeigt auch die Unterstützung, die dieses Netzwerk von Seiten der USA, Frankreichs und der Türkei genossen hat.

Der Transfer von Daesh-Kämpfern aus Syrien in den Jemen

Der Geheimdienstbericht enthüllt, dass die türkischen Geheimdienste die Überführung von Daesh-Kämpfern von Syrien in Richtung Jemen organisiert haben. Je nach Fall sollen sie per Flugzeug oder per Schiff nach Aden gebracht worden sein.

Diese Anschuldigung war schon am 27. Oktober 2015 durch den Sprecher der Syrischen Arabischen Armee, General Ali Mayhub, formuliert worden. Ihm zufolge hatte der türkische MIT mindestens 500 Dschihadisten geholfen, in den Jemen zu gelangen. Sie waren mit zwei Flugzeugen der Turkish Airlines, einem der Qatar Airways und einem der Emirate abgeflogen. In Aden angekommen wurden die Dschihadisten in drei Gruppen aufgeteilt, die erste machte sich auf den Weg zur Meeresenge von Bab el-Mandeb, die zweite nach Marib und die dritte wurde nach Saudi-Arabien geschickt.



Diese Information, die in den arabischen prosyrischen Medien weitgehend verbreitet worden war, wurde von der westlichen Presse ignoriert. Auf jemenitischer Seite bestätigte General Sharaf Luqman, der Sprecher des Militärs, das dem ehemaligen Präsidenten Saleh treu geblieben war, die syrische Anschuldigung und fügte hinzu, dass die Dschihadisten von Blackwater-Academi-Söldnern in Empfang genommen wurden.



Der Transport der Kämpfer von einer Einsatzbühne zur nächsten bestätigt die Koordination der Operationen in Syrien und im Jemen. Er belastet die Türkei, Katar, die Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Blackwater-Academi.

Das „Tatarendorf“

Der russische Geheimdienstbericht erinnert auch an den Fall des „Tatarendorfes“, eine tatarische ethnische Gruppe, die ursprünglich in Antalya ihre Basis hatte, dann durch den MIT weiter nach Norden, nach Eskisehir umgesiedelt wurde. Obwohl er angibt, dass sie aus al-Qaida-Kämpfern bestand und den islamistischen Kämpfern in Syrien half, erklärt er nicht, warum diese Gruppe in größerer Entfernung von Syrien platziert wurde, noch was genau ihre Aktivitäten waren.

Die Tataren bilden die zweite russische Minderheit, sehr selten sind unter ihnen Anhänger der dschihadistischen Ideologie der Muslimbrüder oder der Hizb-ut-Tahrir.

- Dennoch haben im März 2012 arabische Islamisten aus Tatarstan eine Ausstellung über Syrien als „Wiege der Kultur“ im Museum von Kasan angegriffen. Kurze Zeit später, am 5. August 2012, versammelten sich arabische und zugleich tatarische Dschihadisten inklusive Vertreter von al-Qaida heimlich in Kasan.
- Im Dezember 2013 verlassen pantürkische tatarische Dschihadisten der Bewegung Azatlyk (Freiheit) den syrischen Schauplatz, um in die Ukraine zu gelangen und dort auf dem Maidan-Platz in Erwartung eines Staatsstreichs den Ordnerdienst zu sichern; hingegen demonstrieren andere Aktivisten derselben Organisation in Kasan.
- Am 1. August 2015 wird in Ankara mit Unterstützung und Teilnahme der ukrainischen und der türkischen Regierung ein Weltkongress der Tataren organisiert. Den Vorsitz hat der berühmte CIA-Agent aus der Zeit des Kalten Krieges, Mustafa Djemilev; beschlossen wird die Gründung einer „internationalen moslemischen Brigade“, um die Krim zu „befreien“. Djemilev wird sofort durch Präsident Recep Tayyip Erdogan offiziell empfangen [13]. Die Brigade verfügt über eine Einrichtung in Cherson (Ukraine). Sie organisiert verschiedene Sabotageakte auf der Krim, unter anderem einen Riesenstromausfall (Unterbrechung von der Ukraine aus), und macht sich dann, weil es ihr nicht gelingt, massenhaft nach Russland einzureisen, an die Verstärkung der ukrainischen Truppen im Donbass.
Wenn der Sicherheitsrat sich daransetzte, die Frage des „Tatarendorfes“ näher zu untersuchen, würde er feststellen, dass die Vereinigten Staaten, die Türkei und die Ukraine die tatarischen Dschihadisten in Syrien, auf der Krim und in Tatarstan einschließlich der Mitglieder von al-Qaida und Daesh sponsern.

Die Turkmenen der Brigade Sultan Abdülhamid

Zwar hat die Türkei nicht den kleinen Finger erhoben, um den irakischen Turkmenen zu helfen, als sie von Daesh massakriert wurden, aber sie hat sich auf die syrischen Turkmenen gegen die Arabische Republik Syrien gestützt. Sie sind von den „Grauen Wölfen“ aufgestellt, einer paramilitärischen türkischen politischen Partei, die historisch mit den Geheimdiensten der Nato im Kampf gegen den Kommunismus verbunden war („Gladio“). Zum Beispiel sind sie diejenigen, die 1981 den Mordversuch an Papst Johannes Paul II. organisiert haben [14]. Die Grauen Wölfe sind in Europa präsent, insbesondere inmitten der belgischen Sozialdemokraten und der niederländischen Sozialisten. Sie haben eine europäische Anlaufstelle in Frankfurt eingerichtet. In Wahrheit sind sie für sich genommen keine Partei, sondern bilden den paramilitärischen Arm der Partei der Nationalistischen Bewegung MHP (Milliyetçi Hareket Partisi).

Die turkmenischen Brigaden organisieren mit dem MIT die Plünderung der Fabriken von Aleppo. Türkische Fachleute kommen, um die Werkzeugmaschinen abzubauen, die in die Türkei befördert und dort wieder aufgebaut werden. Gleichzeitig besetzen sie das Grenzgebiet der Türkei, wo die MIT Trainingslager für die Dschihadisten einrichtet und kontrolliert.

Im November 2015 ist es der Star der syrischen Turkmenen, der Türke Alparslan Çelik – Mitglied der Grauen Wölfe und einer der Kommandanten der Brigade Sultan Abdülhamid –, der den Befehl gibt, die beiden Piloten der Suchoi Su-24 abzuschießen, die gerade durch die türkische Jagd mit Hilfe des saudischen AWACS zerstört worden war. Einer der beiden wird in der Tat hingerichtet.

Es trifft sich, dass die Grauen Wölfe 1995 zusammen mit der türkisch-US-amerikanischen Immobilienfirma Celebiler Insaat (die Hillary Clintons Wahlkampagnen finanziert) eine ausgedehnte Anwerbung von 10.000 Dschihadisten für den Kampf in Tschetschenien unternommen hatten. Ein Trainingsstützpunkt war in dem Studentenwohnheim Top Kopa in Istanbul eingerichtet worden. Einer der Söhne von General Dschochar Dudajew leitete den Transfer an der Seite des MIT von der Türkei über Aserbaidschan.

Der russische Geheimdienstbericht deckt auf, dass der MIT die Brigade Sultan Abdülhamid – die die wichtigsten turkmenischen Milizen zusammenfasst – gegründet hat und dass er ihre Mitglieder auf der Basis Bayir-Bucak unter der Leitung von Ausbildern der Sondereinsatzkräfte des Generalstabs der türkischen Armee und von Agenten des MIT aufstellte. Er führt aus, dass die turkmenische Brigade mit al-Qaida zusammenarbeitet.

Jede etwas tiefgründigere Nachforschung würde den Sicherheitsrat dazu bringen, alte Kriminalakten wieder zu öffen und die Verbindungen zwischen der Brigade Sultan Abdülhamid , den Grauen Wölfen, der Türkei, den Vereinigten Staaten und al-Qaida festzustellen.

IHH und Imkander

Der russische Geheimdienstbericht enthüllt die Rolle von drei humanitären türkischen NGOs (Nichtregierungsorganisationen) bei der Lieferung von Waffen an Dschihadisten: IHH, Imkander und Öncü Nesil. Die Schlusserklärung der Unterstützungsgruppe für Syrien (ISSG), die am 11. und 12. Februar in München zusammenkam, scheint diese Anschuldigung zu bestätigen, denn sie setzt fest, dass ab jetzt die Vereinigten Staaten und Russland darüber wachen, dass die Hilfskonvois nach Syrien nur humanitäre Hilfsgüter transportieren. Bis dahin hatten die Regierung in Damaskus und die Presse diesen NGOs immer wieder die Unterstützung der Dschihadisten vorgeworfen, aber man hörte nicht auf sie. Im September 2012 transportierte ein von der IHH gecharterter Frachtflug auf Rechnung der Muslimbrüder Waffen nach Syrien [15].

Ich kenne nur die beiden ersten der genannten Organisationen.

Die IHH ist eine Vereinigung, die von der türkischen Wohlfahrtspartei (Refah) von Necmettin Erbakan gegründet und angeregt wurde, aber nicht in satzungsmäßiger oder organischer Verbindung mit ihr steht. Sie wurde zunächst 1992 in Deutschland, in Freiburg im Breisgau, unter dem Namen Internationale Humanitäre Hilfe (IHH) eingetragen, dann 1995 in Istanbul in der Türkei unter dem Namen Insani Yardim Vakfi. Mit ihrem neuen Kürzel IYV statt IHH ließ sie ihrem Namen Insan Hak ve Hürriyetleri voranstellen, was auf Türkisch „Menschenrecht und Freiheiten“ heißt. Unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe an bosnische und afghanische Moslems lieferte sie ihnen Waffen, was sich in die Strategie der Nato einfügte. In der Folgezeit unterstützte sie das Islamische Emirat von Itschkerien (Tschetschenien) [16]. 2006 organisierte sie in der Fatih-Moschee von Istanbul ohne den Körper des Toten, aber mit Zehntausenden von Aktivisten eine große Beerdigungsfeier für den Tschetschenen Schamil Bassajew, der von den russischen Streitkräften nach dem Massaker, das er an der Schule von Beslan in Auftrag gegeben hatte, gerade getötet worden war [17].

Die IHH hat Weltruf erlangt, als sie mit der AKP (Nachfolgerin der Refah) die „Freiheitsflottille“ organisierte, die humanitäre Hilfslieferungen nach Gaza bringen und die Blockade der Israelis brechen sollte – damals noch mit der Zustimmung des Weißen Hauses, das den Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erniedrigen wollte. Unter den Passagieren der Flottille befand sich der schon genannte Mahdi al-Harati. Der Bericht des Ausschusses der Vereinten Nationen unter Vorsitz von Olaf Palme bewies, dass im Gegensatz zu den Behauptungen die Flottille nie eine humanitäre Fracht beförderte. Das führt zu dem Schluss, dass die IHH wusste, dass sie nie in Gaza ankommen würde, und wirft die Frage nach den wahren Zielen dieser Expedition auf.

Am 2. Januar 2014 fängt die türkische Polizei – die soeben die Söhne dreier Minister und den Direktor einen großen Bank für Geldwäsche überprüft hatte – einen Lastwagen der IHH mit Waffen ab, die für die syrischen Dschihadisten bestimmt sind [18]. In der Folge durchsucht sie die Niederlassung der IHH. Sie überprüft Halis B., der im Verdacht steht, der Führer von al-Qaida in der Türkei zu sein, und Ibrahim S., den stellvertretenden Kommandant der Organisation für den Nahen Osten [19]. Die Regierung schafft es, die Polizeibeamten kalt zu stellen, und lässt die Verdächtigen befreien.

Imkander (türkisch für Brüderlichkeit, mit Bezug auf die Muslimbrüder) ist eine weitere „humanitäre“ Vereinigung, sie wurde 2009 in Istanbul geschaffen. Sie hat sich auf die Hilfe für Tschetschenen spezialisiert und auf die Verteidigung von Dschihadisten des Kaukasus. So organisiert sie eine Medienkampagne in der Türkei, als der Vertreter von Doku Umarow (der selbsternannte „Emir des Kaukasus“) Berg-Khazh Musaev (Emir Chamsat genannt) in Istanbul ermordet wird. Zu der Zeit sah sich der FSB (russischer Inlandsgeheimdienst) im Krieg gegen die Staaten, die militärisch die Dschihadisten unterstützten, und zögerte nicht, sie in diesen Ländern zu eliminieren (wie Zelimkhan Yandarbiyev in Qatar, und Umar Israilov in Österreich). Imkander organisierte große Beerdigungen in der Fatih-Moschee von Istanbu

Am 12. und 13. Mai 2012 organisiert Imkander mit Unterstützung des Istanbuler Rathauses einen internationalen Kongress – in der Tradition der CIA-Kongresse des Kalten Krieges – um die Unabhängigkeitskämpfer des Kaukasus zu unterstützen. Zum Schluss der Demonstration wurde der Kongress der Völker des Kaukasus, der die alleinige Autorität des Kaukasus-Emirats von Doku Umarow anerkennt, als permanente Einrichtung geschaffen. Die Delegierten klagten das Russische Reich, die Sowjetunion und die Russische Föderation an, den Völkermord an Kaukasiern verübt zu haben und weiterhin zu praktizieren. In einem Video ruft der Emir Doku Umarow alle kaukasischen Völker auf, sich mit dem Dschihad zu verbinden. Russland reagiert heftig [20].

2013 beantragte Russland im Ausschuss der Sanktionen 1267/1989 des Sicherheitsrats, Imkander auf die Liste der mit al-Qaida verknüpften Organisationen zu setzen. Großbritannien, Frankreich und Luxemburg waren dagegen [21]. Wenn Imkander für sich in Anspruch nimmt, al-Qaida im Kaukasus politisch zu unterstützen, dann wird Russland in der Tat keine Beweise aufbringen, die vom Westen als ausreichender Nachweis für die Beteiligung an militärischen Operationen angesehen werden.
Diese beiden NGOs sind unmittelbar involviert – die IHH in den Waffenhandel und Imkander in den politischen Beistand. Sie haben die Unterstützung der AKP, der Partei, die Präsident Erdogan schuf, um die Refah zu ersetzen, welche vom Verfassungsgericht verboten worden war.

Wie ist mit dem russischen Geheimdienstbericht umzugehen?

Es ist wenig wahrscheinlich, dass der Sicherheitsrat den russischen Geheimdienstbericht prüft. Die Frage der Aufgaben der Geheimdienste wird allgemein im Geheimen abgehandelt. Wie dem auch sei – die Vereinigten Staaten müssen genauer darlegen, was sie mit ihrem türkischen Verbündeten, dem Verstöße gegen die Resolutionen des Sicherheitsrates nachgewiesen wurden, zu tun gedenken.

Diese Auskünfte kommen zu denen, die bereits über persönliche Beziehungen von Präsident Recep Tayyip Erdogan zu Yasin al-Qadi, dem al-Qaida-Banker [22], und über die Rolle seines Sohnes Bilal im Handel mit dem durch Daesh gestohlenen Öl [23] vorliegen, hinzu.

Kein Zweifel besteht daran, dass die türkische Prahlerei über eine mögliche militärische Invasion in Syrien nur ein Mittel zur Ablenkung ist. Wenn ein Krieg zwischen der Türkei und Russland ausbrechen würde, dann wäre dieser Geheimdienstbericht ausreichend, um Ankara die Unterstüzung des Nordatlantikpakts (Artikel 5 der Nato-Charta) zu entziehen.

Autor: Thierry Meyssan | Übersetzung: Sabine

[1] „Bericht des russischen Geheimdienstes über die aktuelle türkische Hilfe für Daesh“, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 19. Februar 2016.

[2] « Flottille de la liberté : le détail que Netanyahu ignorait », par Thierry Meyssan, Réseau Voltaire, 6 juin 2010.

[3] “Tinker raiders, Soldier, Spy”, Sunday World, November 7, 2011.

[4] “Dublin man denies receiving funds from US to assist overthrow of Gadafy”, Mary Fitzgerald, Irish Times, November 22, 2011.

[5] “Irish Libyans join rebels trying to oust Gadafy”, Paulo Nunes Dos Santos, Irish Times, August 13, 2011.

[6] Seinem Auftrag zufolge, der bei einer geheimen Sitzung der Allianz in Neapel beschlossen worden war, an der Alain Juppé teilnahm, sollte Mahdi Al-Harati die Konfusion im Rixos nutzen, um mich zu beseitigen.

[7] „Wie die Al-Qaida Leute in Libyen zur Macht kamen“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 7. September 2011.

[8] “Libyan-Irish commander resigns as deputy head of Tripoli military council”, Mary Fitzgerald, Irish Times, October 11, 2011.

[9] Im 18. Jahrhundert ließ der russische Minister Grigori Potemkin prunkvolle Fassaden aus Pappmaché errichten, um die Armut der Dörfer beim Besuch der Kaiserin Katharina II. auf der Krim zu verbergen. Seitdem bezeichnet der Begriff „Potemkinsches Dorf“ die Schaffung eines fiktiven Ortes zu Propagandazwecken.

[10] «Islamistas libios se desplazan a Siria para «ayudar» a la revolución», por Daniel Iriarte, ABC (España) , Red Voltaire , 19 de diciembre de 2011.

[11] “Irish Syrian fighters pass on lessons of revolution”, Mary Fitzgerald, Irish Times, August 1, 2012.

[12] “Spymasters gather to discuss Syria”, David Ignatius, Washington Post, February 19, 2014.

[13] „Ukraine und Türkei schaffen eine islamische internationale Brigade gegen Russland“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 5. Oktober 201.

[14] Es ging darum, den Heiligen Stuhl zur Abkehr von der Ostpolitik zu zwingen, die der Staatssekretär Kardinal Agostino Casaroli unter denselben Gesichtspunkten verfolgte wie Willy Brandt.

[15] “Brotherhood ‘buying influence with arms’”, Sheera Frenkel, The Times, September 14, 2012.

[16] «The role of Islamic charities in international terrorist recruitment and financing», Evan F. Kohlmann, Danish Institute for International Studies, 2006.

[17] “Turkey pays homage to Basayev”, IHH, July 14, 2006.

[18] „Die Türkische Polizei beschlagnahmt eine für Syrien bestimmte Waffenlieferung“, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 5. Januar 2014.

[19] „Türkische Justiz wirft der IHH Verbindungen zu Al-Kaida vor“, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 16. Januar 2014.

[20] «De "la Conférence Internationale sur le Caucase" à Istanbul», in «Le briefing d’A.K. Loukachevitch, porte-parole du Ministère des Affaires étrangères de la Russie, le 18 mai 2012».

[21] “Commentaire du Département de l’Information et de la Presse du Ministère des Affaires étrangères de la Russie sur une demande russe adressée au Comité des sanctions du Conseil de sécurité de l’ONU contre Al-Qaïda”, Ministère des Affaires étrangères de la Fédération de Russie, 12 septembre 2013.

[22] „Erdogan empfing heimlich einen Al-Qaida Bankier“; „Al-Kaida, die ewige Hilfstruppe der NATO“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Al-Watan (Syrien) , Voltaire Netzwerk, 6. Januar 2014.

[23] „Die Rolle der Familie Erdogan innerhalb von Daesh“; „Russland zeigt die Beweise des Öl-Schmuggels von Daesh über die Türkei“, von Valentin Vasilescu, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 28. Juli und 3. Dezember 2015.


Thierry Meyssan: Französischer Intellektueller, Präsident und Gründer des Réseau Voltaire und der Konferenz Axis for Peace. Er veröffentlicht Analysen über ausländische Politik in der arabischen, latein-amerikanischen und russischen Presse. Letztes, auf Französisch veröffentlichte Werk : L’Effroyable imposture : Tome 2, Manipulations et désinformations (hg. JP Bertand, 2007).

Dieser Beitrag ist unter Lizenz der Creative Commons (CC BY-NC-ND)

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