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28.10.2014 16:15
Ukraine: Mehr Nationalisten im künftigen Parlament
Die Chance auf eine friedliche Konfliktlösung in der Ukraine dürfte durch die vorgezogene Parlamentswahl eher gesunken sein. Nationalistische Hardliner haben Macht hinzugewonnen. Die miserable Wahlbeteiligung von angeblich 52%* dürfte den überwiegend privatisierten Parlamentariern in die (gezinkten) Karten gespielt haben. Einer der besseren Medienberichte zur Rada-Wahl habe ich beim "Freundsender" gefunden. JWD

Auszug:
28.10.2014 [german.ruvr.ru]
Die Wahlen zur Rada: Eine Geschichte der Wendehälse
Nach den Ergebnissen der vorfristigen Parlamentswahlen in der Ukraine führen die „Volksfront“ des amtierenden Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk und der „Block Pjotr Poroschenko“, die jeweils mehr als 22 Prozent der Wählerstimmen erhielten. Nach den bisher vorliegenden Angaben haben noch vier weitere Parteien die 5-Prozent-Hürde genommen und den Einzug ins Parlament, die Oberste Rada, geschafft.

Überraschend belegte die Partei „Selbsthilfe“, gegründet vom Bürgermeister der westukrainischen Stadt Lwow, die bisher als regionales Projekt betrachtet wurde, den dritten Platz. Jeweils zehn bis elf Prozent erreichten der „Oppositionelle Block“, dessen Liste viele Vertreter der früheren Regierungspartei „Partei der Regionen“ aufweist, und die „Radikale Partei“ des Ultra-Nationalisten Oleg Ljaschko. Die Vaterlandspartei der früheren Ministerpräsidentin Julia Timoschenko erzielte knappe sechs Prozent und geriet somit in eine gefährliche Zone.

Die Ergebnisse für die führenden Kräfte bei den Parlamentswahlen waren unschwer vorauszusagen. Beide Parteien würden sich voneinander nur durch ihre Namen unterscheiden, bemerkt der russische Publizist Michail Leontjew.
    „Das sind zwei vom politischen Standpunkt aus betrachtet etwa gleiche Strukturen, die einfach auf einen unterschiedlichen Personalbestand und auf unterschiedliche Führer orientiert sind. Eben weil das gesamte ukrainische Parlamentssystem privatisiert ist. Das heißt, jene, die im Vorfeld der Wahlen nicht endgültig privatisiert wurden, die wird man im Prozess privatisieren. Sie werden quasi auf den Strich gehen und ihre Eigentümer finden.“
Der Erfolg der in Lwiw gegründeten Partei „Selbsthilfe“ kann das Kräfteverhältnis im Parlament nicht besonders beeinflussen. Obwohl laut ihrer Liste recht eigenartige Persönlichkeiten ins Parlament einziehen werden – zum Beispiel der Kommandeur des Strafbataillons „Donbass“, Semjon Sementschenko. Er erklärte bereits, dass er im Parlament die Interessen jenes Gebiets Donezk verteidigen wolle, das er noch vor kurzem mit Enthusiasmus von Andersdenkenden gesäubert hatte.

Die ukrainischen Parlamentswahlen hätten faktisch jene Konfiguration der Macht bestätigt, die nach der Wahl von Pjotr Poroschenko zum Präsidenten in der Ukraine geschaffen worden sei, meint der Vorsitzende des Staatsduma-Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Alexej Puschkow. Er sagte, man beobachte die Herausbildung eines gewissen „Duumvirats“ in Gestalt des Präsidenten und des Ministerpräsidenten. Ihre Anhänger im Parlament werden den Grundstein der künftigen Koalition bilden, was bedeutet, dass es in der ukrainischen Politik nichts Neues geben werde. Der von Alexej Puschkow gegebenen Prognose stimmt auch der Präsident des ukrainischen „Zentrums für Systemanalyse und Prognose“, Rostislaw Ischtschenko, zu. Konkret sagte er Folgendes:
    „Alle Kräfte, die sich jetzt den Wählern anbieten, befinden sich schon seit Jahrzehnten an der Macht. Sie haben sich neue Namen ausgedacht, aber es sind dieselben Leute. Es sind gerade jene Kräfte, die im Februar den Umsturz vollbracht haben, mit dem alles begonnen hatte – der wirtschaftliche Niedergang und der Bürgerkrieg. Und sie werden ihr politisches Programm nicht ändern. Sie wollen weiterkämpfen.“
Damit eine Mehrheit im Parlament gebildet werden kann, müssen sich die neuen Mitglieder des Parlaments absprechen. Wie Beobachter anmerken, erhöhen die Wahlergebnisse die Chancen für Jazenjuk, an der Spitze der Regierung zu bleiben. Gewissermaßen ist es eine Niederlage für Poroschenko, der selbst diktieren wollte, wer Ministerpräsident wird. Als Verlierer der Wahlen kann man den radikalen Ljaschko nennen, auch die Partei von Timoschenko – der „Gasprinzessin“, die allmählich ihre Popularität verliert. Die Ergebnisse des „Oppositionellen Blocks“ schätzen die Experten als zweifellosen Erfolg ein. Im neuen Parlament wird er die einzige Partei mit einer alternativen Meinung sein. Natürlich werden es die Vertreter dieses Blocks nicht leicht haben.

Aber so oder so sei jetzt in der Ukraine das radikalste und am meisten von Russland-Phobie geprägte Parlament in der Geschichte des Landes gewählt worden, [...]

Weiterlesen im Originaltext bei ' german.ruvr.ru ' ..hier

*) Die offiziellen an Angabe von 52% Wahlbeteiligung (10% weniger als im Durchschnitt bei ukrainischen Parlamentswahlen (siehe unter Fazit ..hier)) dürfen wohl mit Recht bezweifelt werden. Es gibt Quellen, die von 10-20% Wahlbeteiligung sprechen (..hier). Ebenso kann nicht von freien Wahlen gesprochnen werden (Nach der Wahl der Schande ..hier).

Anmerkung: Ich halte diesen Artikel des "Freundsenders" für recht informativ und weit weniger propagandistisch entstellt als die meisten Berichte unserer gleichgeschalteten, westlichen Systemmedien. Gleichwohl scheint es hierzulande einfach nicht opportun zu sein, derartige Gedanken auszudrücken. Wie sonst soll ich mir die meistens, offensichtlich prophylaktischen Hinweise auf russische Propaganda, selbst in alternativen Medien, auch bei von mir besonders geschätzten Autoren erklären? Beispiel folgt:

Gefunden bei den Tageshinweisen der NachDenkSeiten (28.10.2014):
    Nochmals: Wahlen in der Ukraine: Proeuropäische Kräfte gewinnen deutlich
    Leserbrief von Richard Kresse:

    Sehr geehrter Herr Pascheit,

    Sie schreiben bezüglich des ukrainischen Wahlergebnisses vom gestrigen Sonntag, dass sich die Mär von der “faschistischen” Ukraine nun wohl erledigt habe.

    Dazu habe ich einige Anmerkungen, möchte aber vorab klarstellen, dass ich den Begriff des “Faschismus'” aus diversen Gründen ablehne und auch ansonsten ganz sicher nicht auf die Idee käme, der gesamten (West-)Ukraine zu unterstellen, sie sei faschistisch. Das ist sie nicht. Es handelt sich ohnehin um einen viel zu oft missbrauchten Kampfbegriff, dessen politikwissenschaftliche Definition nicht abschließend geklärt und daher diffus ist. Dennoch sei mir erlaubt, eine modernere Faschismusdefinition, in diesem Fall von Matthew Lyons zu zitieren:

    “Faschismus ist eine Form rechtsextremer Ideologie, die die Nation oder Rasse als organische Gemeinschaft, die alle anderen Loyalitäten übersteigt, verherrlicht. Er betont einen Mythos von nationaler oder rassischer Wiedergeburt nach einer Periode des Niedergangs und Zerfalls. Zu diesem Zweck ruft Faschismus nach einer ‚spirituellen Revolution‘ gegen Zeichen des moralischen Niedergangs wie Individualismus und Materialismus und zielt darauf, die organische Gemeinschaft von ‘andersartigen’ Kräften und Gruppen, die sie bedrohen, zu reinigen. Faschismus tendiert dazu, Männlichkeit, Jugend, mystische Einheit und die regenerative Kraft von Gewalt zu verherrlichen. Oft – aber nicht immer – unterstützt er Lehren rassischer Überlegenheit, ethnische Verfolgung, imperialistische Ausdehnung und Völkermord. Faschismus kann zeitgleich eine Form von Internationalismus annehmen, die entweder auf rassischer oder ideologischer Solidarität über nationale Grenzen hinweg beruht. Normalerweise verschreibt sich Faschismus offener männlicher Vorherrschaft, obwohl er manchmal auch weibliche Solidarität und neue Möglichkeiten für Frauen einer privilegierten Nation oder Rasse unterstützen kann.”
    Legt man diese Definition zugrunde, ist es geradezu erschreckend, in welchem Ausmaß sie auf die gesellschaftlichen Tendenzen in der Ukraine zutrifft. Aber wie gesagt, der Begriff ist hoch umstritten.

    Wie dem auch sei, zur Wahl:

    Nach aktuellem Stand der Dinge verpasst die Partei “Swoboda” knapp den Wiedereinzug ins Parlament, obwohl sich das durchaus noch ändern kann, auf alle Fälle bekommt sie einige Direktmandate. In den Medien wird Swoboda zumeist als “rechtspopulistisch” dargestellt, was in infamer Weise verniedlichend ist. Dazu muss man wissen, dass die Partei sich erst 2004 in den aktuellen Namen (übersetzt “Freiheit”) umbenannt hat. Zuvor firmierte sie unter dem Namen “Sozial-Nationale Partei der Ukraine”, ein Name, der Ihnen zweifellos bekannt vorkommt. Die heutige Swoboda hält damit auch absolut nicht hinter dem Berg, und ein Blick auf die dankenswerterweise auch auf Englisch existierende Homepage lohnt sich, auch hinsichtlich des Parteiprogramms, das praktisch 1:1 von der NSDAP übernommen sein könnte. Es gäbe zu dieser Partei viel zu sagen, beispielsweise, dass Abgeordnete nach dem Umsturz in Kiew den Direktor eines Fernsehsenders verprügelten und zum Rücktritt zwangen, ohne dass es irgendwelche Folgen für sie gehabt hätte, oder dass der Parteichef, Oleg Tjahnibok, eine beeindruckende Zitatesammlung im Netz hinterlässt.

    Ferner zieht die Partei eines weiteren “Rechtspopulisten” ins Parlament ein. Es handelt sich dabei um die sogenannte “Radikale Partei” (kurz für “Oleg Ljaschkos radikale Partei”), deren Chef, man ahnt es, ein gewisser Oleg Ljaschko ist. Es ist mir ein Rätsel, wieso man in unserer Medienlandschaft diesem Mann und seiner Partei keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt hat, denn auch hier ist das Attribut “rechtspopulistisch” grob verniedlichend. Zwar handelt es sich hier um eine Partei, die letztlich, wie der Name ja auch schon suggeriert, auf eine einzige Person zugeschnitten ist – zu ihr gleich – dennoch ist es beispielsweise bemerkenswert, dass etliche Kandidaten dem neonazistischen Netzwerk “Sozial-Nationale Versammlung” entstammen. Ljaschko selbst ist ein radikaler Nationalist, unter anderem Mitbegründer des berüchtigten Battaillons “Azow”, das sogar hierzulande bereits für Schlagzeilen sorgte. Wie Amnesty International in einem Bericht feststellte, unterhält Ljaschko eine Kampagne der Gewalt, Einschüchterung und Folter, wobei er vollständige Immunität vor jedweder Strafverfolgung zu genießen scheint. Ob er ein Ideologe ist, vermag ich nicht zu sagen, obwohl einiges darauf hindeutet und sich sogar gute Gründe finden ließen, ihn und seine Partei noch eher als die Swoboda selbst unter klassischeren Definitionen unter den Begriff “Faschist” zu subsumieren. So oder so – er ist ein Zeitgenosse übelster Sorte.

    Nimmt man die aktuellen, jeweils abgerundeten Ergebnisse von Swoboda, Radikaler Partei und des weit abgeschlagenen Rechten Sektors (auf den ich hier nicht weiter eingehe) zusammen, kommt man bereits auf 12% der Stimmen. Addiert man noch die abgerundeten Ergebnisse der Partei Julia Timoschenkos, “Vaterland”, (Sie erinnern sich sicher: Sie ist der Ansicht, man müsse die Russen mit “Atombomben” vernichten und Putin “in den Kopf” schießen) hinzu, kommt man auf 17%.

    Das eigentliche Problem ist aber auch die neu gegründete Partei des Premiers und in unseren Medien als “Pro-Europäer” gefeierten Arseni Jazenjuk, die “Volksfront”, die auf jeden Fall über 20% der Stimmen erhalten hat und womöglich sogar stärkste Kraft wird. Aus Jazenjuks Geist entspringt die irrwitzige Idee, an der russischen Grenze eine Mauer zu bauen, ebenso ist er ein Verfechter des fortgesetzten Krieges, im Übrigen auch um die Krim. Ferner hat er die Rebellen im Osten des Landes und die sie unterstützenden Russen als “Untermenschen” bzw. “subhumans” bezeichnet, auch wenn er später behaupten ließ, das sei lediglich ein Übersetzungsfehler gewesen. Ich beherrsche zwar die ukrainische Sprache nicht, einem professionellen Übersetzer sollte aber im Englischen der Unterschied zwischen “subhumans” und “inhumans” sofort ins Auge springen (siehe dazu). Es gibt viele Äußerungen Jazenjuks, die an seiner demokratischen Gesinnung massive Zweifel aufkommen lassen.

    Interessant ist ansonsten einerseits, dass die “Volksfront” auf den vorderen Listenplätzen eine gewisse Tetjana Tschernowol (Platz 2) beherbergt, ihres Zeichens Aktivistin aus den Reihen der offen rechtsextremen und antisemitischen Gruppierung UNA-UNSO, die sich während der Ereignisse auf dem Maidan dem Rechten Sektor anschloss. Andererseits und noch bedeutsamer findet sich dort ein Andrji Parubij (Platz 4), der in unseren Medien seinerzeit des Öfteren als “Kommandant des Maidan” hofiert wurde. Bei ihm handelt es sich um einen Mitbegründer der oben bereits erwähnten Swoboda-Vorgängerpartei “Sozial-Nationale Partei”, auch wenn er später zur Partei “Vaterland” wechselte – man darf mutmaßen, aus Karrieregründen, zumal er beispielsweise noch 2010 das Europäische Parlament bat, die Kritik an der Entscheidung, Stepan Bandera posthum den Titel “Held der Ukraine” zu verleihen, zurückzunehmen. Er war nach dem Umsturz Chef des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine und steuerte in dieser Funktion den “Anti-Terror-Einsatz” gegen den Osten. Auch seine Rolle während der Ereignisse auf dem Maidan, die zahlreiche Ukrainer das Leben kosteten, ist umstritten. Der aktuelle Parlamentspräsident, Olexandr Turtschinow, der die Fraktion der KPU auflöste (und mithin die einzige echte Opposition) und das Verbotsverfahren anstrebt, kandidiert auf Platz 3.

    Kurz: Die “Volksfront” mag pro-europäisch sein. Sie ist aber auch von Neonazis und Rechtsextremen in herausragenden Positionen besetzt und ist, selbst wenn man das vollständig ausklammert, auch so extrem nationalistisch, anti-russisch und alles andere als friedensfreudig.

    Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass nach aktuellem Stand abgerundet (!) 17% der Stimmen auf Rechtsextreme und Neonazis entfallen, weitere 20%+ auf Ultranationalisten mit rechtsextremen oder neonazistischen Tendenzen. Die russische Propagandamaschinerie*, laut der die Ukraine von “Faschisten” durchsetzt sei, ist natürlich übertrieben und nicht haltbar und dient wohl vor allem der inneren Mobilisierung. Und dennoch – die Ergebnisse dieser Wahl sind in höchstem Maße besorgniserregend, wenn man sich nüchtern die Positionen der entsprechenden Gruppierungen und ihrer Akteure ansieht. Nicht zu vergessen die zahlreichen paramilitärischen Milizen, die offen Nazi-Symbole zur Schau stellen und von denen kaum zu erwarten ist, dass sie einfach friedlich zu Haus und Hof zurückkehren werden.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Richard Kresse

    Anmerkung Orlando Pascheit: Ich bin Richard Kresse für seinen Kommentar dankbar, weil er mir Gelegenheit gibt, meine Anmerkung von gestern etwas zu erläutern. Setzt er doch das Wort faschistisch gleich in Anführungsstriche. Hätte ich dies nicht versäumt, wäre vielleicht die Ironie meiner Anmerkung deutlicher geworden. Natürlich hatte diese Ironie eine Richtung. Sie richtete sich gegen den Sprachgebrauch der russischen Regierung und der unter ihre Kontrolle stehenden Medien. Aber mein eigentliches Ziel ist auch nicht der Sprachgebrauch in Russland, sondern die Übernahme dieses Sprachgebrauchs in der deutschen Kritik der Ukraine. Und zwar aus denselben Gründen die Kresse so beschreibt: “Die russische Propagandamaschinerie, laut der die Ukraine von “Faschisten” durchsetzt sei, ist natürlich übertrieben und nicht haltbar und dient wohl vor allem der inneren Mobilisierung.” Wer heute die Ukraine als faschistisch denunziert, beteiligt sich an dieser russischen Propaganda und macht seine Kritik dadurch unglaubwürdig*. Als Beispiel möge die Kommentierung der Wahlen durch Sevim Dagdelen (Bundestagsabgeordnete für die Linke) dienen, die wie folgt titelt: Wahlen in der Ukraine: Faschistische Gefahr nicht gebannt. Dass sie ähnlich wie Kresse, dann einzelne Personen in den gewählten Parteien unter die Lupe nimmt, bleibt ihr unbenommen, warum aber versammelt sie Ihre Getreuen unter einem so schwammigen Begriff hie Antifaschisten dort Faschisten? Der Begriff faschistisch wie auch den Gegenbegriff antifaschistisch bildet heute keine Wirklichkeit ab, er ist ein Begriff für Denkfaule, die sich schnell einem Lager zuordnen möchten. Kresse führt zurecht aus: “Es handelt sich ohnehin um einen viel zu oft missbrauchten Kampfbegriff, dessen politikwissenschaftliche Definition nicht abschließend geklärt und daher diffus ist.”

    Das Resümee Kresses ist eindeutig : “die Ergebnisse dieser Wahl sind in höchstem Maße besorgniserregend, wenn man sich nüchtern die Positionen der entsprechenden Gruppierungen und ihrer Akteure ansieht” und meint wahrscheinlich wie Dagdelen ausführt: “Ein Signal des Friedens und der Versöhnung mit der Ostukraine geht ebenso wenig von dem Urnengang aus.” Was sie dann mit ihren weiteren Ausführungen meint, bleibt mir eine Rätsel: “Die Bundesregierung sollte ihr Augenmerk auf die Stabilisierung der Ukraine legen und nicht weiter mit einer marktradikalen Politik des EU-Assoziierungsabkommens gerade diejenigen Kräfte stärken, die an einer Fortführung des Krieges in der Ost-Ukraine interessiert sind.” Da werden doch nur wieder einige Schlagworte in die Runde geworfen, in die man alles Mögliche hineininterpretieren kann. Was heißt Stabilisierung? Inwiefern sind Marktradikale an der Fortsetzung des Krieges interessiert? Und überhaupt, die “marktradikale Politik des EU-Assoziierungsabkommens. Mein Gott, entdeckt die “Linke” erst jetzt, dass der Binnenmarkt ein neoliberales Projekt ist, der weder Südeuropa noch Osteuropa quasi automatisch an die wohlhabenden Nationen Europas heranführte und darüber hinaus auch sozialen Ausgleich schafft?

    Mein Anliegen ist die Bitte, nicht quasi automatisch die russische Kritik an der Ukraine zu übernehmen. Ich möchte darum bitten, der Ukraine, als Staat im Übergang (Transition), genauso viel Verständnis entgegen zu bringen wie Russland. Auch in Russland gibt es bedeutende ultranationalistische Kräfte, denen auch in den Medien viel Raum gegeben wird – von streng kontrollierten Medien. Die Ukraine befindet sich zudem im Krieg. Teile des Landes werden unter Führung von recht obskuren Anführern besetzt gehalten und sollen separiert werden. Dass russische Truppen und russisches Material ganz wesentlich die Niederlage dieser Separatisten verhindert haben, steht außer Frage. Die Vorgänge um die Krim können aus der Sicht der Ukraine nur als russische Landnahme empfunden werden. Entsprechend ist die Bevölkerung national eingestellt – nationaler als in Friedenszeiten. In diesen Zeiten werden fragwürdige, rechtsextreme Figuren an das Tageslicht gespült, die im Frieden kaum eine Rolle spielen würden. Diesem Umstand wie auch dem Wahlkampf sind auch Arseni Jazenjuks Vorschläge, aber auch Teile seines Personals zuzuschreiben. Ob die Volksfront aus “Ultranationalisten mit rechtsextremen oder neonazistischen Tendenzen” besteht, sollte man nicht an der vergangenen Rhetorik Einzelner messen. Es ist bedauerlich, dass Jazenjuk und Poroschenko bei einer Verfassungsänderung (Dezentralisierung und Regionalisierung des Landes) auf Frau Timoschenko angewiesen sein wird, aber man sollte die in einem Telefongespräch geäußerten Bemerkungen zu Putin nicht überbewerten. Ich halte zunächst daran fest, dass in dieser Wahl den eindeutig rechtsextremen Parteien eine Absage erteilt wurde. Erst die Regierungsbildung wird zeigen, ob bestimmte Personen mit rechtextremem Hintergrund großen Einfluss erhalten werden. – Und – das ist ein grund zur Freude – die russische Regierung hat die ukrainischen Parlamentswahlen als gültig bezeichnet. Obwohl das vorläufige Resultat noch “widersprüchlich” sei, seien die “Wahlen gültig”, sagte der stellvertretender Außenminister Grigori Karasin am Montag in Moskau. Die Werchowna Rada müsse nun einen Dialog mit der ganzen Bevölkerung der Ukraine beginnen und direkte Kontakte mit Repräsentanten aller Regionen des Landes aufnehmen und auf diese Weise eine diplomatische Lösung des Konflikts finden, den Kiew zu verantworten habe.

    Noch eine Anmerkung unseres Lesers E.V.: Bei allem Jubel über die Wahlergebnisse im größten Teil der Ukraine , der von der Politik und den Medien unisono verkündet wird, sollten doch einige rationale Fragen und Anmerkungen erlaubt sein.

    Wenn es heißt, die Mehrheit der Ukrainer hätten “proeuropäisch” gewählt und den “EU-Kurs” bestätigt, darf angemerkt werden, dass die Wahlbeteiligung mit 52 Prozent doch sehr niedrig lag bei einer solch wichtigen Wahl, vor allem angesichts einer solch hochpolitischen Atmosphäre in der Ukraine. Man muss sich nach den Gründen für die massenhafte Wahlverweigerung fragen. Zu fragen ist auch, ob denn ein Beitritt der Ukraine zur EU in absehbarer Zeit überhaupt realistisch und von den anderen EU-Staaten gewollt ist.

    Und was heißt überhaupt proeuropäisch? Geht es um Rechtsstaatlichkeit, parlamentarische Demokratie, Menschenrechte? Wenn ja, wie sind diese Prinzipien mit der grenzenlosen Korruption und der ebenso grenzenlosen Macht der Oligarchen, wie z.B. Poroschenko, Achmetow, Firtasch, Tigipko, Klujev, Pintschuk und Kolomoisky, zu vereinbaren.

    Und warum wird Oleg Ljaschko als “Populist” bezeichnet, wo seine Neonazi-Gesinnung und die Vorwürfe von Amnesty International (Entführungen, Misshandlungen, Folter und vielleicht sogar Mord) allgemein bekannt sind.

    Und warum wird nicht erwähnt, dass auf der Liste von “Jazenjuks Volksfront” führende Rechtsradikale der nazistischen Bataillone “Asov” und Aydar” auf vorderen Plätzen rangierten.

    Bei allem Jubel – ein bisschen Vernunft, Transparenz und Objektivität sollte doch gerade in den Medien auch ein Merkmal “proeuropäischer” Werte sein!

    Link zum Originaltext bei ' nachdenkseiten.de ' ..hier
*) ??? Gibt es ein Land, wo Faschismus offener und massiver Einfluss gewinnt, als gerade zur Zeit in der Ukraine?  Wer bitteschön wird denn dort denunziert?  Wie glaubwürdig kann eine menschlich sein wollende Politik sein, wenn dieser sehr offene Faschismus nicht thematisiert wird?? Erhöht es die Glaubwürdigkeit, wenn von russischer Propagandamaschinerie gesprochen wird, obwohl diese bestenfalls ein bescheidener Abklatsch von der Unsrigen ist??


Passend zum Thema: [Nachtrag]

Die „guten Vorbereitungen“ der Parlamentswahlen in der Ukraine

Quelle: kla.tv  |  veröffentlicht 30.10.2014

Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauen, ich begrüße Sie herzlich zu unserem Medienkommentar zur Parlamentswahl in der Ukraine. Medienberichten zufolge verlief die Wahl am Sonntag ruhig und unspektakulär. Offensichtlich sind die Wahlen gut vorbereitet worden. Doch wie sahen diese „guten Vorbereitungen“ hinter den Kulissen der offiziellen Medienberichte aus? In unserer Sendung vom 26.10.2014 berichteten wir über den offenen Brief der ukrainischen Parlamentsabgeordneten Jelena Bondarenko. Sie beschreibt darin, dass die herrschenden Politiker offen und konkret mit der physischen Vernichtung aller Volksvertreter drohen, die in Opposition zur gegenwärtigen Macht in der Ukraine stehen.

Nach Aussage von Frau Bondarenko seien herrschende Politiker sogar an Verbrechen gegen oppositionelle Politiker und deren Kinder beteiligt. Die freie Meinungsäußerung innerhalb und außerhalb des Parlaments, sowie in den Fernsehkanälen werde verweigert. Wer zum Frieden in der Ukraine aufrufe, werde von der ukrainischen Regierung sogar als Feind des Volkes verunglimpft. Wen wundert es da, dass die Kommunistische Partei der Ukraine und die Partei der Regionalisierung keinen Einzug ins Parlament fanden. Letztlich wurden dem ukrainischen Volk nur solche Parteien präsentiert, die eine strikte pro-amerikanische und europäische und sogleich aggressive contra russische Linie fahren.

Der Politologe und ehemalige Assistent in der Verwaltung von Ronald Reagan, Paul Craig Roberts, äußerte sich in seinem Interview mit dem russischen Fernsehsender RIA Novosti unverblümt. Roberts wörtlich: „Poroschenko und Jazenjuk sind Marionetten von Washington, und wir können feststellen, dass das ukrainische Volk die Kandidaten aus Washington gewählt hat". Dass Paul Craig Roberts mit seiner Einschätzung voll ins Schwarze trifft, zeigen wir mit unseren Sendungen vom 19.02. und 12.03.2014 auf. Die Morddrohungen von Julia Timoschenko vom 18.03.2014 gegenüber Russlands Präsident Putin und ihre Totalvernichtungsabsichtungen gegenüber dem russischen Volk dokumentierten wir in unserer Sendung vom 03.04.2014.

Dem Großteil der ukrainischen Wählerschaft scheint jedenfalls bei den zur Auswahl gestellten Parteien nicht wirklich wohl gewesen zu sein. Das spiegelt die extrem niedrige Wahlbeteiligung von offiziell – möglicherweise schön geredeten- 20 % wider. Ein Wahlbeobachter berichtete nämlich in einem Interview mit Rossia 24 von einer Wahlbeteiligung von sogar nur 10%. Alles andere sei manipuliert worden. Werte Zuschauerinnen und Zuschauer, wir halten Sie weiterhin über die Entwicklungen in der Ukraine und deren Hintergründe auf dem laufenden. Einschalten lohnt sich!

Quellen/Links:

    Rossia 24 www.anna-news.info/node/24445  |  www.anna-news.info/node/24552

    kla-tv ..hier | ..hier | ..hier

Link zum Originaltext bei ' kla.tv ' ..hier

 
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