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06.07.2012 10:00
Austerität:  Heiner Flassbeck - Wir müssen den Kürzungs-Irrsinn beenden
Wenn die deutsche Regierung ihren Kurs nicht ändert, wird der Euro auseinanderfliegen, sagt Heiner Flassbeck, Chef-Volkswirt bei der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf. Sparen treibe Europa immer nur weiter in die Krise. Stattdessen müssten vor allem in Deutschland die Löhne steigen…. [Quelle: ver.di publik & nds.de] JWD


Der Staat, der weniger kürzt, ermöglicht Wachstum und muss sich am Ende weniger verschulden; wer nur kürzt, muss sich mehr verschulden. Das ist offenbar nicht ganz leicht zu verstehen, aber trotzdem wahr…

Niemand kann mehr mit den deutschen Unternehmen mithalten, die sich durch systematische Lohnzurückhaltung große Wettbewerbsvorteile verschafft haben. Ausgelöst wurde die dahinter stehende Schwäche der Gewerkschaften natürlich durch Hartz IV, Leiharbeit und die anderen Folterinstrumente einschließlich der Verweigerung eines vernünftigen Mindestlohns…

Auch Deutschland ist eindeutig in einer Rezession. Der hiesige Binnenmarkt ist so flach wie immer, und die Exporte sinken, vor allem weil die anderen Euroländer von Deutschland nichts mehr kaufen…

Wirklichkeitsverweigerung ist in der Politik weit verbreitet. Die saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen steigen, alle Konjunkturindikatoren weisen nach unten, und man vermittelt dem Volk den Eindruck von der brummenden Wirtschaft…

Der Fiskalpakt sieht noch rigidere Sparprogramme vor, wird also Europa in eine tiefe Rezession oder gar Depression führen – und den Euro zerstören. Das ist so, als würden sie einem Patienten den linken Daumen bandagieren und dafür das rechte Bein absägen. Am Ende ist der Patient tot.

Zum Artikel bei ver.di publik  ..hier


Auch ein sehr interessanter Artikel von Heiner Flassbeck:
Währungsunion bedeutet Zinssozialismus - Berlin eingemauert


 … Bezeichnenderweise ist Herrn Brüderle und allen anderen in Berlin der Zinssozialismus, den die Märkte, die Kapitalmärkte nämlich, in den ersten acht Jahren der Währungsunion praktizierten, gar nicht aufgefallen und sie haben ihn auch nicht beklagt…

Mit Beginn der Währungsunion sind die nominalen langfristigen Zinsen überall gleich geworden, weil man unterstellte, die Währungsunion werde ein Erfolg und die Inflationsraten blieben von nun an gleich. Gesunken sind die Zinsen seit Beginn der Währungsunion überall, weil die wichtigsten Zentralbanken der ganzen Welt ihre Ausleihezinsen senkten und das auf die Märkte für langfristiges Kapital durchschlug. Folglich kommt im heutigen Auseinanderlaufen der Zinsen etwas ganz anderes zum Ausdruck als eine Disziplinierung durch die Märkte. Es kommt darin zum Ausdruck, dass viele Marktteilnehmer nicht mehr glauben, dass alle Euro-Staaten ihre Anleihen in Euro zu-rückzahlen werden. Das wichtigste in einer Währungsunion, die Angleichung der Inflationsraten hat nämlich überhaupt nicht geklappt…

Deswegen haben auch die ganzen Gipfel und deren Beschlüsse zur Haushaltsdisziplinierung an den Zinsdifferenzen kaum etwas geändert. Niemand glaubt nämlich, dass die beschlossenen Maßnahmen wirken können und dass sie wirklich zielführend sind, weil das Problem der auseinander laufenden Inflationsraten ja noch gar nicht wirklich angegangen ist…

Daraus ergibt sich, dass die Verhinderung von Zinssozialismus im Brüderleschen Sinne nichts anderes bedeutet als das Ende der Währungsunion. Wer nicht für möglich hält, dass die Länder des Euroraumes wieder vollständig gleiche Zinsen haben, sagt implizit, dass er das Ende der Währungsunion kommen sieht. Damit bestätigt er die Märkte, die ja das Gleiche glauben…

Währungsunion ist Zinssozialismus! Wer den Zinssozialismus nicht mit relativ unab-hängigen Staaten und relativ unabhängiger Wirtschaftspolitik hinbekommt, weil der Ausgleich der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Regionen nicht gelingt, muss den Zinssozialismus über dauerhafte Transferzahlungen erzwingen, wie es in der deutsch-deutschen Währungsunion noch immer der Fall ist. [Quelle1: WuM [PDF - 37 KB]  | Quelle2: nds.de ..hier]

Link zum Artikel bei WuM (PDF) ..hier


Prof. Dr. Heiner Flassbeck (*12. Dezember 1950 in Birkenfeld, Nahe) ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler. Er war von 1998 bis 1999 beamteter Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen. Seit Januar 2003 ist er Chef-Volkswirt (Chief of Macroeconomics and Development) bei der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf. [Quelle: Wikipedia ..hier]

 
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