<< zurück | HomeJWD-Nachrichten | Teilen

04.05.2012 08:50
Vom Tod europäischer Werte
FAZ - Europa war einst Kunst, Geist und Demokratie. Heute geht es nur noch um Haushaltsdefizite, Schulden und Sparprogramme. Wir müssen uns auf unsere Ursprünge besinnen!" So die Einführung zu einem lesenswerten Gastbeitrag von Sahra Wagenknecht im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 30.04.2012. JWD


[..] Heute geht es nur noch um Haushaltsdefizite, Schulden und Sparprogramme. Wir müssen uns auf unsere Ursprünge besinnen! Das Europa der Nachkriegszeit sollte ein Projekt des Friedens, der Demokratie, der Freiheit und gemeinsamer kultureller Traditionen sein. Der alte Kontinent, in den vergangenen Jahrhunderten so oft Schauplatz blutiger Kriege und grausamer Metzeleien mit ungezählten Toten, sollte zur erlebten und gefühlten gemeinsamen Heimat für die nächsten Generationen werden. Ausdrücklich als Gegenentwurf zum Modell eines ungezügelten Kapitalismus wurde erdacht, was sich damals, in wacher Erinnerung an die Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre an eskalierende Arbeitslosigkeit, Hunger und Massenelend, das „europäische Sozialmodell" nannte. [..]

Die Banken wirtschaften schlecht, nicht der Staat
Heute geht es nicht mehr um Kunst, Geist oder Demokratie. Es geht nur noch um Haushaltsdefizite, Schuldenberge und Sparprogramme, um verlorene Milliarden und die Ansprüche der Gläubiger. Wenn die europäische Politik nur noch die Krise und die Brutalität eint, mit der sie den Staaten wahnwitzige Kürzungsprogramme aufzwingt, sollte sich niemand wundern, dass das europäische Projekt von vielen mittlerweile als Fluch empfunden wird. [..]

Europa braucht eine koordinierte Steuerpolitik
Tatsächlich ist das Gros der staatlichen Schulden zu einer Zeit entstanden, in der der Sozialstaat in Europa nicht aufgebaut, sondern abgerissen wurde.[..]

Das Haushaltsrecht als Grundrecht nationaler Parlamente
Erst die Krise hat die meisten Staaten in reale Defizite getrieben. Es gibt einen einfachen Weg, öffentliche Defizite zu finanzieren, ohne die Demokratie erneut den Diktaten der Banker auszuliefern: Man muss der Europäischen Zentralbank nur gestatten, das zu tun, wofür Zentralbanken einst gegründet wurden - den Staaten Kredit zu geben. Es gibt genau einen Grund, der gegen Zentralbankkredite an Staaten spricht: das Geschäftsinteresse der privaten Banken, die an der Zinsdifferenz zwischen Notenbankkredit und Staatsanleihe prächtig verdienen. [..]

Mehr Macht in Brüssel oder Frankfurt wäre keine Lösung
Zwar sind längst auch viele Regierungen ihrer Bevölkerung fremd geworden und bereit, gegen Mehrheiten Politik zu machen. Noch weit mehr würde das aber für eine Brüsseler Behörde gelten, die schon gar keiner demokratischen Kontrolle unterläge. Noch mehr Kompetenzen an das Europäische Parlament abzugeben, wäre ebenfalls keine gute Idee. [..] [Quelle: FAZ]


Hinweis: Bei dem veröffentlichten Text handelt es sich um ein neues Kapitel in der aktualisierten 3. Auflage des Buches "Freiheit Statt Kapitalismus', in dem Frau Wagenknecht unter anderem schlüssig darlegt, warum unser Wirtschaftsystem schon lange aufgehört hat leistungsgerecht zu entlohnen. Die Neuauflage soll am 30.04.2012 im Campus-Verlag erscheinen.


Anmerkung: So erfreulich die Tatsache ist, dass in einem erzkonservativen Blatt wie die FAZ, wenn auch nur im Feuilleton, gelegentlich auch systemkritische Artikel erscheinen, so erschreckend sind doch die veröffentlichten Leserbriefreaktionen, mit denen das ganze konterkariert wird. Da gibt es mehr oder weniger professionelle Leserbriefschreiber, die ideologisch auf einer streng neoliberalen Linie, mit meist polemischen, zusammenhanglosen, oft ohne Bezug zum Artikel stehenden Äußerungen, das Netz verseuchen.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich bei einigen dieser Zeitgenossen entweder um krank- und zwanghaften Gruppenegoismus, oder um Mietfedern von neoliberalen Organisationen (z.B. Stiftungen, Verbände, CDU/CSU, FDP etc. ) handelt und somit Teil einer organisierten Meinungsmachemaschinerie sind.

Als besonders unangenehmer Zeitgenosse ist mir ein Michael Vorwerk (aureliano) aufgefallen, der unter seiner Überschrift 'RUSSENWERTE' besonders polemisch, dummdreist, am Thema vorbei polemisiert hat. Welche Interessen diese Menschen reiten, um solch eine Stuss wiederzugeben, ist schwer nachvollziehbar, bzw. lässt nur die Variante 'Mietfeder' offen, denn so dumm und verbohrt kann einer alleine gar nicht sein. Oder wollen diese Typen nur zeigen, welch tolle Pro-Kapitalisten sie doch sind, um sich am Stammtisch brüsten zu können.



Link zum vollständigen Artikel bei der FAZ  ..hier

<< zurück | Home |